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Konventionelle Landwirtschaft hinterfragt! Mit Timo Wald

Frisch und lebendig erfahren wir von Timo Wald, was es bedeutet einen Hof zu übernehmen und mit der Frau an der Seite sein eigenes Ding zu machen.

Komplexe Gedanken und Wertschätzung machen dieses Gespräch aus und eröffnen Perspektive auf eine ganz neue – und auch wieder rum alte – Landwirtschaft.

Weder konventionell oder BIO – oder doch einfach beides?

Ackerbau in der Direktsaat – und das im Wasserschutzgebiet, Rinder im ganzheitlichen Weidemanagement, Mobilstallhaltung von Legehennen und Masthähnchen und Schweine.

Alles am Anfang, jedoch in stetiger Entwicklung.

Er gibt Einblick in sein vielfältiges Gedankengut und gibt Perspektiven weiter, die nach vorne gerichtet sind und auch einfach Lust auf die Zukunft machen.

Die Verbindung zur Regenerationsmedizin lebt der Hof auf viele verschiedene Weisen und inspiriert hoffentlich noch viele weiter solcher Begegnungsorte.

Play Video about Einstieg in die Regenerative Landwirtschaft mit Landwirt Timo Wald - soilify Interview Video

Folge 11 – Konventionelle Landwirtschaft hinterfragt! Mit Timo Wald

Hier bekommst Du einen Überblick über die gesamte Folge. Über die Zeitstempel kannst Du direkt zu dem jeweiligen Thema im Interview springen.

0:00 Vorspann
1:38 Vorstellung Timo Wald und Tika
11:43 Direktsaat und freie Entscheidungen
25:51 Vorteile der regAg
38:10 Vorteile für den Verbraucher
51:59 Ehrliches Bio

Interview zum Nachlesen

Vielfalt auf dem Hof

Anja begrüßt Timo Wald. Sie sitzen gemeinsam auf dem Tika Hof, im Hintergrund grunzen die Schweine, nebenan stehen Rinder.

Anja: Wir haben uns am MOJO Institut für Regenerationsmedizin kennengelernt, da konntest du mit deiner Freundin Katharina, die selbst produzierte Produkte vorstellen und einfach zeigen: Hey, wir machen hier auf unserem Hof echt coole Sachen. Wir wollen Nährstoffe in die Lebensmittel zurückholen, wir haben eine Mobilstallhaltung für Hähnchen und Hennen, eine Herde von Pinzgauern auf der Weide und wir gehen das Thema regenerativ an.

Und wir haben euch als Filmteam auch direkt noch besuchen können, davon finden sich einige Aufnahmen hier im Video.

Und ich übergebe gerne das Wort an dich, damit du dich selbst vorstellen kannst.

Timo: Hallo zusammen! Wir sind hier in Neunkirchen Seelscheid, meine Freundin und ich haben 2021 – vor knapp 2 Jahren – den Betrieb ihres Vaters übernommen. Es war früher mal ein Milchviehbetrieb, das Melken war schon vorbei, als wir den Hof übernahmen.

Mit den Hühnern haben wir vor einem Jahr – 2022 – angefangen. Den Mobilstall haben wir selber gebaut. Es ist ein Schlittensystem, was recht schnell zu versetzen ist und was wir auch täglich machen.

Wir wollten etwas, was wir dauerhaft und regelmäßig versetzen können, sodass wir nicht die Anfangsphase der Euphorie nutzen – sondern über die Zeit auch wirklich in die Regeneration der Fläche reinkommen und die Nährstoffe gut verteilen.

Wir haben die gesetzlichen Rahmenbedingungen hier auch eingehalten, bemerken jedoch auch, wie einengend diese für diese neue Art von Landwirtschaft ist.

Wir haben auch eine eigene Pinzgauer Mutterkuh-Herde – hier sammeln wir nun unsere Erfahrungen, diese im ganzheitlichen Weidemanagement zu führen. Wir achten darauf, die Flächen wieder regenerieren zu lassen und die Wurzeln auch wieder tiefen in den Boden kommen zu lassen.

Bisher habe ich vor allem über YouTube und Bücher gelernt – in der Praxis ist es natürlich eine andere Sache und braucht eine individuelle Anpassung. Da werden wir weiter viel lernen.

Anja: Den Hof habt ihr ja erst kürzlich umgestellt. Du hast jedoch bereits vorher mit der Direktsaat gearbeitet.

Timo: Ja, ich habe eine klassische Ausbildung als Landwirt, habe meine Meisterschule gemacht und neun Jahre auf einem Ackerbaubetrieb mit Pensionspferden gearbeitet. Der Betrieb war vorher lange pfluglos, integrierte dann intensiv die Mulchsaat und auch Zwischenfrüchte.

2017 war ich mit einem Freund in Triesdorf auf einer GKB Veranstaltung, wo Christin Jones einen Vortrag gehalten hatte. Wir hatten uns bereits vorher mit Bodenfruchtbarkeit auseinandergesetzt und das hat uns nochmal einige Schritte nach vorne gebracht.

Christoph Felgentreu von der DSV hatte damals auch in diese Richtung gearbeitet, das kam auch entgegen.

Alexander Klümper war auch da und wurde ja mit seinen YouTube Inhalten auch sichtbarer. 

Mit Kinsey hatte ich bereits angefangen, wir hatten Technik ausprobiert. Und kam die Möglichkeit unseren jetzigen Betrieb in Neunkirchen Seelscheid zu übernehmen.

Und ich habe die Chance mit meiner Frau genutzt, was eigenes zu machen.

Zu Beginn dachte ich auch, ich kann die ganzen Flächen auf Direktsaat umstellen, was auch weiterhin mein Plan ist. Doch wir sind hier im Wasserschutzgebiet und da ist uns Glyphosat als Werkzeug genommen worden.

Durch die Tiere hoffe ich, dass wir das auf Dauer trotzdem hinbekommen können. Es ist natürlich auch eine Option MinTill in gewissen Jahren zu betreiben.

Wir haben auch jede Menge Tiere auf Stroh und Mist zu laufen und haben auch angefangen diesen zu kompostieren, so dass wir die Organik wieder einsetzen können. 

Der Aufwand ist natürlich enorm, bei den Düngemittelpreisen jedoch auch zu rechtfertigen, hier einen anderen Weg zu gehen.

Wir wollen die Biologie fördern, die Biologie überhaupt mal in die Fläche reinbekommen.

Das Wichtige zu sehen ist, dass alles finanziert werden muss.

Dafür ist die Regenerative Landwirtschaft auch perfekt, da vieles einfach kostengünstiger ist. Bei den Rindern brauchen wir Zäune und eben keinen neuen Stall für mehrere Millionen Euro neu bauen. Futter haben sie auch draußen, Gülle muss ich nicht rausfahren.

Ich mag, dass es so simpel ist.

Klar, den Hühnerstall haben wir auch versucht einfach zu halten. Da es so frostig war, hat es natürlich nicht jeden Tag Spaß gemacht, den Stall umzusetzen. Im Verhältnis passt das, denke ich jedoch alles.

Hähnchen hatten wir im Sommer auch. Wir haben den Chicken Tractor Joel Salatin Style nachgebaut.

Wichtig ist natürlich auch die Vermarktung zu sehen. Wir sind dabei im Hofladen zu vermarkten, jedoch auch im Edeka vor Ort. Generell wollen wir am liebsten direkt vermarkten, um die Wertschöpfung im Betrieb zu halten.

So können wir leichter Geld verdienen und auch den weiteren Ausbau unserer Landwirtschaft gewährleisten.

Es bringt ja nichts, die besten Ideen zu haben und dann kein Geld zu haben, um es umzusetzen. Wir wollen was wir tun langfristig tun und auch erfolgreich sein.

Anja: Danke für diesen Einblick und auch euren Mut, sich der Vielfalt auch auf eurem Hof zu stellen!

Für die Region sorgen

Timo: Ja, Vielfalt ist uns sehr wichtig. Das wird uns auch unabhängig von den großen Supermarktketten machen. Und auch wieder nährstoffdichte Lebensmittel zu produzieren.

So können wir die Problematik der Krankheiten bei uns Menschen wieder angehen.

Wir haben nicht vor, die Welt zu ernähren. Wir wollen unsere Region ernähren und stark machen.

Wir wollen natürlich so umweltschonend wie möglich arbeiten. Als Beispiel ist hier die Chemie anzuführen, die in manchen Aspekten einfach Vorteile bietet. Es kann besser sein, Glyphosat zu spritzen, als den Boden tot zu bearbeiten. Manchmal müssen auch die Tiere mit Antibiotika behandelt werden. Das macht keiner gerne, es ist jedoch besser als dem Tier nicht zu helfen. Es ist wichtig abzuwägen.

Die BIO-konventionell Thematik ist ein Riesen Ding, da sollten wir in einen besseren Austausch kommen. Auch bei der Thematik Glyphosat und Bodenbearbeitung. 

Natürlich ist die Landwirtschaft auch gerade Maschinen getrieben – da sollte auch nochmal genauer hingeschaut werden, was zu welchem Zweck es geschieht. 

Anja: Wunderbar, ich fasse die Vorteile zusammen, die ich herausgehört habe. Stolz für die Region sorgen zu können, die Bevölkerung mit nährstoffreichen Lebensmitteln zu versorgen.. Ein in sich stabiler Betrieb mit verschiedenen Einkommensströmen macht Mut zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Mit der regenerativen Landwirtschaft sind dafür die Prinzipien, Methoden und Möglichkeiten auch da.

Wir lernen uns, die Komplexität zu öffnen und mehrere Sichtweisen zuzulassen. Und wir lernen auch, Dogmen zu hinterfragen – wie das Anti-Chemie-Dogma. Und ein “das haben wir schon immer so gemacht” wird zu einem: „Komm, lass es uns mal anders probieren.”

Timo: Und klar, jeder darf das Richtige für sich herausfinden. Alles passt auch nicht für jeden. Und ob alles so funktioniert, wie wir uns es gerade vorstellen, das kann ich auch nicht sagen. Klar, wir haben unsere Ideen und arbeiten daran, sie umzusetzen. Letzten Endes wissen wir nicht, was passiert und was letzten Endes funktioniert, werden wir erfahren.

Landwirte sind auch Verbraucher

Anja: Cool. Wir sitzen hier gerade bei den Schweinen. Wir haben sie im Sommer bereits gesehen, da waren sie wesentlich kleiner. Draußen auf den Weiden bei den Rindern waren wir auch! Wir können nun gerne mal darauf eingehen, welche Vorteile der Verbraucher hat, sich der Regenerativen Landwirtschaft zu widmen.

Timo: Regenerative Landwirtschaft bringt ein großes Tierwohl mit und arbeitet auch stetig daran, es zu verbessern. Das macht sich auch in den Lebensmitteln auf Grund der Nährstoffdichte bemerkbar und kann so natürlich besser satt machen.

Und das Thema Nährstoffversorgung ist ein wichtiger Faktor bei den Volkskrankheiten, da einfach die Lebensmittel auch nicht mehr die Nährstoffe haben, die sie mal hatten.

Und klar, zu Ende des Krieges war die Landwirtschaft erst einmal zuständig relativ schnell viele Lebensmittel zu produzieren, um die Bevölkerung überhaupt satt zu bekommen. Das ist inzwischen immer mehr auf die Spitze getrieben worden. Und darüber hinaus ist der Boden – vor allem die Biologie darin – in Vergessenheit geraten. Die synthetische Düngung kann zu dem Zeitpunkt richtig gewesen sein, als sie aufkam – das kann ich letzten Endes auch nicht beurteilen, ich habe da noch nicht gelebt.

Und ja, es ist gleichzeitig richtig und wichtig, von dem synthetischen Einsatz wieder wegzukommen. Und das funktioniert natürlich auch nur, wenn der Verbraucher hier aufgeklärt ist und auch bereit ist, unsere Lebensmittel zu kaufen.

Und wir sehen, wie viel Geld in die Nahrungsmittelergänzungsmittel fließt – das muss doch letzten Endes nicht sein. Wir können und sollten uns über die Nahrungsmittel versorgen.

Und Nahrung ist die bessere Medizin, wir müssen nur lernen, sie wieder zu produzieren. Und es schmeckt auch noch gut! Und wir haben gleich noch etwas für die Umwelt getan.

Und ich möchte in keinster Weise behaupten, dass ich die Komplexität ergreifen und erfassen kann. Das ist ein Lernprozess und auch ein Wille alles für den Betrieb stetig zu verbessern.

Und es immer so nach Klimaschutz und Umweltschutz geschriehen – und das ist glaube ich das Einfachste was jeder machen kann, wieder deutlich mehr vor der Haustür einzukaufen. Und auch die Produkte, die da produziert werden zu kaufen! Klar ist hier auch ein Edeka im Dorf.

Es würde schon deutlich helfen, dass das Geld in der Region bleibt.

Anja: Wunderbar, danke für diese Einblick in die verschiedenen Perspektiven. Und spannend auch zu hören, wie du abwägst, was für deinen eigenen Hof das Richtige ist und dass du da auch einen Fokus darauf setzt. Für dein Wohl, das den Hofes und der Region.

Da steckt ja auch die Frage darin: Wo setze ich meine Energie ein? Zeit ist auch eine Ressource und mit dieser dürfen wir respektvoll umgehen.

Geld ist auch einfach eine Energie – und damit kann der Verbraucher auch bestimmen, wo seine Energie hingeht – ob sie in der Region bleibt oder auch nicht.

Und ich habe auf vielen Ebenen dann direkt etwas auch für mich getan – für die Artenvielfalt, klareres Wasser – durch eine bessere Bodeninfiltration – und auch saubere Luft. So habe ich mit einem Kauf auf vielen Ebenen etwas für mich getan.

Der Mehraufwand sind gegebenenfalls höhere Kosten – in Form von Geld und Zeit. Und bereits kleine Schritte reichen ja!

Timo: Auch wir Landwirte sind ja Verbraucher, und auch wir kaufen nicht alles vom eigenen Betrieb oder von benachbarten Betrieben. Wie du sagst – das Wichtigste ist es, sich Gedanken zu machen und kleine Schritte zu tun, um etwas im eigenen Leben zu verbessern.

Seitens der Politik wird ja seit vielen Jahren nur BIO gepusht, nur BIO ist gut und alles andere nicht. Und klar, die BIO-Märkte mögen Vorteile haben, jedoch bin ich dafür, dass wir es so ehrlich wie möglich machen sollten. Und wir reden darüber sollten, was nun BIO wirklich ist und was nicht. Ist es besser BIO aus Übersee zu kaufen, während auch konventionelle Ware aus Deutschland gibt?

Zu allen Jahreszeiten alles verfügbar zu haben ist auch ein Thema. Ich finde es wichtig den Menschen näher zu bringen, dass hier eine Wertschöpfungkette dahinter steckt. Auch Kontrolle und Lenkung spielen im Lebensmittelbereich eine große Rolle und wir Menschen sollten uns der Manipulation bewusst werden.

Ander Perspektiven zu hören finde ich wichtig. Vor allem da die Landwirtschaft auch so oft im Kreuzfeuer stehen müssen wir offen mit verschiedenen Sichtweisen über die Angelegenheiten reden können. Keiner muss diese ja dann unterschreiben oder sich komplett danach richten. 

Und Landwirtschaft betrifft jeden, das ist schon ein sehr verantwortungsvoller Beruf.

Anja: Schön gesagt, danke dir Timo, das nochmal so deutlich hervorzubringen. Danke für den Einblick in dein komplexes Gedankengut und dass es einfach darum geht, dass wir mit Mut haben Dinge anzusprechen und uns – und auch die Landwirtschaft damit stärken können.

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