Es gibt Projekte, die sterben, weil ihnen die Luft ausgeht.
Und es gibt Projekte, die man bewusst beendet – weil man verstanden hat, dass ein Systemwechsel nötig ist.
Soilify gehört zur zweiten Kategorie.
Wir nehmen Soilify nicht offline, weil „alles schlecht war“.
Im Gegenteil: Die letzten fünf Jahre waren voller Begegnungen, voller Erkenntnisse, voller Material – und voller Realität.
Aber Soilify ist an einem Punkt angekommen, an dem wir sagen müssen:
Das Feld ist abgeerntet.
Die Ernte wurde verzehrt.
Und jetzt wird neu ausgesät.
Nicht im Sinne von: „Wir geben auf.“
Sondern im Sinne von: Wir wechseln die Fruchtfolge.
Denn wer Landwirtschaft ernst nimmt – ob im echten Leben oder im Digitalen – der weiß: Wenn du immer weiter dasselbe tust, auf demselben Boden, mit denselben Mitteln, dann wirst du irgendwann nicht mehr ernten. Du erntest Auslaugung.
Und genau das ist der Punkt.
Was Soilify war – und was wir damit versucht haben
Soilify ist 2021 angetreten, um regenerative Landwirtschaft im deutschsprachigen Raum bei Konsumenten bekannt zu machen.
Das war die ursprüngliche Idee:
- erklären, warum Boden der Schlüssel ist
- zeigen, wie Landwirtschaft wirklich funktioniert
- Menschen verbinden: Landwirte, Berater, Praktiker, Unternehmen
- Geschichten erzählen, die Lust machen auf echte Veränderung
Und ja: Wir waren dafür unterwegs. Viel.
In Deutschland, Österreich, Schweiz, von Lettland bis Portugal – und weit darüber hinaus.
Wir haben Betriebe gesehen, die uns umgehauen haben.
Und wir haben Betriebe gesehen, die uns gezeigt haben, was „gut gemeint“ wirklich bedeutet: nämlich häufig zu wenig, zu kurz gedacht, zu unkonkret.
Wir haben Dutzende – eher Hunderte – Landwirtinnen und Landwirte kennengelernt. Wir haben mit ihnen gesprochen, diskutiert, zugehört, gelernt.
Und irgendwann wird dir klar: Regenerative Landwirtschaft ist nicht das, was man in den meisten Instagram-Posts sieht.
Sie ist auch nicht das, was auf vielen Konferenzen verkauft wird.
Und sie ist auch nicht das, was manche NGOs daraus machen wollen.
Sie ist keine „Marke“.
Sie ist keine Ideologie.
Sie ist eine Praxis – und ein Handwerk.
Der wichtigste Satz aus fünf Jahren: So geht es nicht
Hier kommt der ehrliche Teil.
Mit Soilify wollten wir Konsumenten erreichen – also Menschen, die keine Landwirte sind, aber über ihre Kaufentscheidung trotzdem massive Wirkung haben.
Und das war härter als gedacht.
Nicht, weil Menschen böse sind.
Sondern weil das Umfeld toxisch ist:
- Die Debatten sind überhitzt.
- Jeder will moralisch recht haben.
- Landwirtschaft wird zum Kulturkampf.
- Und der Begriff „regenerative Landwirtschaft“ ist im DACH-Raum inzwischen so aufgeladen, dass er oft mehr Schaden anrichtet als Nutzen stiftet.
Wir sind nicht gescheitert, weil wir zu wenig gemacht haben.
Wir sind gescheitert, weil das Spielfeld falsch war.
Und wenn das Spielfeld falsch ist, bringt es nichts, „noch härter“ zu spielen.
Dann musst du das Spielfeld wechseln.
Was wir in Europa gelernt haben (und was kaum jemand hören will)
Man kann über Landwirtschaft sehr viel reden.
Aber am Ende gibt es ein paar Dinge, die immer wieder auftauchen – egal ob in Spanien oder Sachsen, egal ob in Polen oder Frankreich:
1) Ohne Boden geht gar nichts
Das klingt banal. Ist es aber nicht.
Denn die meisten Diskussionen drehen sich um:
- CO₂
- Tierzahlen
- Pflanzenschutz
- Preise
- Politik
- Subventionen
- Haltungsformen
Und all das kann wichtig sein – aber vieles davon ist Symptom.
Der Boden ist Ursache.
Wenn der Boden tot ist, wird alles teuer: Wasser, Düngung, Pflanzenschutz, Ertragssicherheit.
Wenn der Boden lebt, wird vieles einfacher: Stabilität, Resilienz, Wasserspeicher, Nährstoffkreisläufe.
2) Bodenbearbeitung ist ein riesiger Hebel
Keine oder minimale Bodenbearbeitung ist keine Religion.
Es ist eine physikalisch-biologische Realität.
Wer den Boden ständig aufreißt, stört:
- Bodenstruktur
- Aggregatstabilität
- Porensysteme
- Mykorrhiza-Netze
- Wasserinfiltration
- Und dann kompensierst du wieder mit Technik, Diesel, Zeit, Input.
3) „Wenig Chemie“ ist Ziel – aber der Weg ist entscheidend
Wir sind nicht „Pro-Chemie“.
Wir sind aber auch nicht „Chemie-Shaming“.
Denn viele Menschen verstehen nicht: Landwirtschaft ist kein Ideallabor. Sie ist Wetter, Biologie, Ökonomie, Risiko.
Wenn du Betriebe wirklich in Richtung „weniger Chemie“ bringen willst, brauchst du:
- Systemverständnis
- Übergangsstrategien
- Fehlerkultur
- und vor allem: Planbarkeit
Die moralische Keule bringt gar nichts.
Sie bringt nur Trotz. Und dann passiert genau: nichts.
Warum wir den Begriff „Regenerative Landwirtschaft“ loslassen
Im internationalen Kontext funktioniert „regenerative“.
Im deutschsprachigen Raum ist es – aus unserer Erfahrung – oft ein Nebelwort geworden.
Jeder meint etwas anderes.
Viele fühlen sich getriggert.
Und einige nutzen es inzwischen als Bühne für Selbstdarstellung und Ideologie.
Wir wollen nicht mehr in dieser Sprachfalle hängen.
Darum sagen wir künftig eher:
- moderne Landwirtschaft
- bodenbasierte Landwirtschaft
- No-Till / Conservation Agriculture
- oder: Landwirtschaft, die Zukunft kann
Das klingt weniger sexy.
Aber es ist klarer. Und ehrlicher.
Hochkultur – und die unangenehme Wahrheit über Zivilisationen
Es gibt einen Satz, der uns in den letzten Jahren immer wieder eingeholt hat:
Hochkulturen gehen nicht nur am Geld kaputt.
Sie gehen auch am Boden kaputt.
Viele Zivilisationen haben ihre Böden übernutzt, erodiert, ausgelaugt – und irgendwann war Schluss.
Wenn wir also von „Hochkultur“ sprechen, dann nicht als Dekoration.
Nicht als Eliten-Romantik.
Sondern als Frage: Wie wird eine Kultur möglich, die ihren Boden erhält, statt ihn zu verbrauchen?
Wer tiefer in dieses Denken eintauchen will:
👉 hochkultur.org
Aber: Das funktioniert nur mit offenem Geist.
Wer nur „recht haben“ will, wird dort nicht glücklich.
Was jetzt kommt: grundgut.org – ein unbestelltes Feld
Soilify war ein Versuch.
Ein intensiver Versuch.
grundgut wird etwas anderes.
Auf grundgut.org wird es zunächst nur eines geben: ein unbestelltes Feld.
Noch ist nichts gesät.
Und genau darum geht es: Was soll dort wachsen?
Das ist kein „Crowd-Design-Spiel“.
Sondern eine echte Einladung an die Menschen, die in den letzten Jahren mitgedacht haben:
Was braucht es, damit diese Art der Landwirtschaft wirklich in die Breite kommt?
Nicht nur in Nischen.
Nicht nur in Bubbles.
Sondern so, dass es eine Bewegung wird, die trägt.
Wir wollen eure Ideen.
- Was fehlt Landwirten?
- Was fehlt Konsumenten?
- Was müsste man endlich anders machen?
- Was wäre eine Plattform, die wirklich hilft – statt nur Content zu produzieren?
2026: No-Till-Movement
2026 startet unser nächster großer Schritt: No-Till-Movement
Eine europäische – perspektivisch internationale – Bildungsplattform für bodenbasierte Landwirtschaft.
Das Ziel ist klar: No-Till überall.
Nicht als Dogma.
Sondern als Richtung. Als gemeinsame Sprache. Als Ausgangspunkt.
Und dann geht’s um die Praxis:
- Übergänge
- Fehler
- Systeme
- Wirtschaftlichkeit
- Maschinen
- Fruchtfolgen
- Zwischenfrüchte
- Weidesysteme / Integration
- echte Praxisfälle statt Powerpoint-Religion
Wir haben bereits mit vielen Leuten gesprochen.
Viele potenzielle Dozentinnen und Dozenten sind an Bord.
Wir bauen gerade Struktur und Technologie.
Jetzt geht es darum, den Boden zu bereiten.
Was mit Soilify passiert (ganz konkret)
Die Inhalte von Soilify sind noch bis 31.12.2025 erreichbar.
Ab 01.01.2026 werden die Texte vorerst offline genommen.
Die Videos auf dem Soilify / Alexander Klümper YouTube-Kanal bleiben erhalten.
Soilify 2021–2025.
Das war der erste große Versuch.
Jetzt beginnt der nächste Zyklus.
👉 Wir sehen uns auf grundgut.org



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