Gesunde Böden, gesunde Menschen

Viele glauben, mit weniger Fleisch und mehr Pflanzen würde man Umwelt und Tierwohl automatisch verbessern. Doch das Gegenteil ist der Fall: Mehr Pflanzenanbau bedeutet mehr Ackerfutter – und führt zu mehr Stallhaltung. Warum die Nachfrage nach Weideprodukten der Schlüssel ist, erklären wir hier.

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Warum wir Ernährung neu denken müssen – und warum Tiere dabei eine Schlüsselrolle spielen

Jeder Mensch hat – unabhängig von Ideologie, Herkunft oder Ernährungsstil – ein natürliches Interesse an gesunden Böden, gesunden Pflanzen, gesunden Tieren und gesunden Lebensmitteln. Denn das eine hängt untrennbar mit dem anderen zusammen.

Doch genau diese Verbindung haben wir im modernen Ernährungssystem verloren. Wir sprechen über Klima, über Fleischkonsum, über Methan – aber kaum noch über Boden, Humus oder Nährstoffkreisläufe.

Und so folgen viele Menschen gut gemeinten Empfehlungen, die in der Praxis das Gegenteil dessen bewirken, was sie erreichen wollen.

 

Die gut gemeinte Logik

Die einfache Rechnung lautet: Wenn weniger Fleisch gegessen wird, gibt es weniger Tierhaltung – und das schont Klima, Böden und Tiere.

Klingt logisch. Aber stimmt das auch?

Schauen wir uns an, was wirklich auf unseren Äckern wächst. Deutschland hat rund 16,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Fläche. Davon sind etwa 70 % Ackerland, knapp 30 % Grünland. Nur ein kleiner Teil dieses Ackers liefert tatsächlich Lebensmittel für Menschen. Über die Hälfte des Getreides wird verfüttert.

Ein weiteres Fünftel geht in Industrie und Energie – also Biogas, Biodiesel, Stärkeproduktion.

Nur etwa 20 % werden direkt als Nahrung genutzt.

Mit anderen Worten: Ein Großteil unserer Ackerproduktion landet im Trog oder im Tank, nicht auf dem Teller.

 

Der paradoxe Effekt

Wenn Konsumenten also „mehr pflanzlich“ essen, steigt nicht automatisch der Gemüseanbau – sondern oft der Ackerbau insgesamt.

Mehr Ackerbau bedeutet:

  • mehr Futtergetreide,
  • mehr Silomais,
  • mehr Ölfrüchte für Eiweißfutter,
  • mehr Energiepflanzen für Biogas.

Und genau das führt – paradoxerweise – zu mehr Stallhaltung, nicht weniger. Denn das produzierte Futter muss verwertet werden.

Märkte schaffen dafür neue Nachfrage: mehr Schweine, mehr Hähnchen, mehr Hochleistungsrinder.

Das Ergebnis: Mehr pflanzliche Produktion → mehr Tierfutter → mehr Intensivtierhaltung.

Ein Kreislauf, der genau das erzeugt, was eigentlich verhindert werden soll.

 

Stallhaltung ist nicht gleich Massentierhaltung

Hier lohnt sich eine Differenzierung. Nicht jede Stallhaltung ist schlecht. Es gibt Betriebe mit Heufütterung, Stroheinstreu, Licht, Luft und Auslauf, die Tierwohl und Klimaschutz vereinen.

In Bergregionen oder bei langer Schneedecke ist eine saisonale Stallhaltung sogar Voraussetzung für gute Weideführung.

Das Problem beginnt erst dort, wo Tiere vom Boden entkoppelt werden – wo sie Soja aus Übersee fressen und Gülle zum Entsorgungsproblem wird.

Dann stirbt der Kreislauf, und Tierhaltung wird zur Fabrik.

 

Tiere als Teil der Lösung

Wenn wir wirklich etwas ändern wollen, müssen wir nicht weniger Tiere, sondern andere Tiere fördern – in anderen Systemen.

Wiederkäuer auf Dauergrünland sind keine Konkurrenz zum Menschen. Sie fressen, was wir nicht essen können, und verwandeln es in Humus, Mikroben und Nährstoffe. Ihr Mist ist kein Abfall, sondern der Anfang neuen Lebens.

Deutschland besitzt 4,7 Millionen Hektar GrünlandFlächen, die kein Brotgetreide tragen, aber enorme ökologische Leistung erbringen, wenn sie richtig beweidet werden.

So gesehen sind Tiere nicht das Problem, sondern der Schlüssel zur Lösung.

 

Tiere im  Ackerbau – Kreislauf statt Konkurrenz

Ein weiteres Missverständnis besteht darin, dass Tierhaltung und Ackerbau getrennt voneinander funktionieren müssten.

In der Direktsaat – also in der Landwirtschaft ohne Pflug – bleiben Pflanzenreste auf der Oberfläche. Sie schützen den Boden, fördern Regenwurmtätigkeit und speichern Feuchtigkeit.

Wenn diese Flächen zusätzlich mit Weidetieren genutzt werden, entsteht ein natürlicher Kreislauf:

  • Zwischenfrüchte werden verwertet, statt gemulcht.

  • Dung und Urin bringen Nährstoffe und Mikroorganismen zurück.

  • Der Tritt regt Wurzelwachstum an.

  • Kunstdünger und Herbizide werden überflüssig.

So wird No-Till plötzlich auch im Biobereich praktikabel, weil die Tiere jene Aufgaben übernehmen, die bisher Chemie und Maschinen erledigten.

Direktsaat und Weidetiere sind keine Gegensätze – sie sind Partner.

 

Was daraus folgt

Wenn wir das Zusammenspiel von Konsum und Produktion ernst nehmen, müssen wir zwei Ebenen unterscheiden:

 

1️⃣ Systemisch

Wir brauchen weniger Acker-Futterflächen und mehr Fruchtfolgen für Menschen. Energiepflanzen gehören auf Reststoffbasis, nicht auf wertvolle Böden. Und Tierhaltung gehört zurück auf die Fläche, nicht in die Futterfabrik.

 

2️⃣ Konsumentenseitig

Hier liegt der größte Hebel – und der wird bislang kaum genutzt. Wer glaubt, mit weniger Fleisch automatisch Gutes zu tun, verkennt die Mechanismen des Agrarsystems. Es geht nicht um weniger Fleisch, sondern um das richtige Fleisch: Fleisch von Tieren, die auf Weiden stehen, die Kreisläufe schließen und Landschaften beleben.

 

Jede Nachfrage nach Weideprodukten stärkt jene Betriebe, die Klima, Boden und Tierwohl gleichzeitig fördern.

Jede Nachfrage nach „billig & pflanzlich“ befeuert dagegen ein System aus Ackerfutter, Energiepflanzen und Importen.

 

Vielleicht ist die Frage also nicht …

Wie viel Fleisch ist zu viel?

Sondern: Aus welchem System stammt es?

Denn wer Produkte von Weidetieren kauft, unterstützt genau das, was gesunde Böden und gesunde Nahrung braucht: den Kreislauf zwischen Gras, Tier und Boden.

 

Fazit

Gesunde Böden führen zu gesunden Pflanzen, gesunde Pflanzen zu gesunden Tieren, und gesunde Tiere zu gesunden Menschen.

Das ist kein romantischer Satz, sondern eine einfache biologische Wahrheit.

Wenn wir sie ernst nehmen, müssen wir Ernährung anders denken: nicht als Verzichtsfrage, sondern als Frage der Verbindung.

Tiere gehören nicht abgeschafft, sondern wieder integriert.

Wir danken unseren Unterstützern:

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