Warum Bodenbearbeitung der größte Feind unserer Felder ist
Es gibt ein Naturgesetz, das jeder Bauer kennt, auch wenn er es vielleicht nie so genannt hat:
Je mehr wir den Boden bearbeiten, desto stärker sinkt seine Fruchtbarkeit.
Das klingt zunächst paradox, schließlich war das Pflügen jahrhundertelang das Symbol für Landwirtschaft. Doch die Wissenschaft ist eindeutig: Bodenbearbeitung zerstört den Boden – und mit ihm die Grundlage unserer Ernährung.
Ein Schatz an Wissen – und doch kaum verbreitet
In den letzten Jahrzehnten haben Forscher, Berater und Landwirte weltweit Erfahrungen mit Direktsaat und konservierender Landwirtschaft gesammelt. Ob in Kanada oder Brasilien, in Afrika oder Europa – überall zeigt sich: Wo der Boden nicht bearbeitet, sondern dauerhaft bedeckt wird, steigt seine Fruchtbarkeit.
Trotzdem liegt der Anteil dieser Methoden weltweit nur bei etwa 15 % der Ackerfläche. Das Ziel ist klar: Bis 2050 sollen es mindestens 50 % sein – rund 700 Millionen Hektar. Ein ehrgeiziger Plan, aber notwendig, wenn wir die Grundlagen unserer Ernährung sichern wollen.
Was Pflügen wirklich anrichtet
Oft wird über Chemie und Dünger diskutiert – doch der größte Schaden entsteht nicht durch Spritzmittel, sondern durch Bodenbearbeitung selbst. Die Liste der Nebenwirkungen ist lang, erschreckend – und in der Öffentlichkeit kaum bekannt.
Dieselfresser: Zwei Drittel des fossilen Brennstoffverbrauchs im Ackerbau entstehen durch Bodenbearbeitung.
Zeitverschwendung: Drei Überfahrten statt einer.
Kohlenstoffbombe: Bearbeitung setzt Humus als CO₂ frei, statt ihn aufzubauen.
Lebensfeindlich: Mikroben, Insekten, Regenwürmer – ganze Lebensgemeinschaften werden zerstört.
Strukturverlust: Aggregatzerfall, Verschlämmung, Erosion.
Wasserblockade: Versiegelte Oberfläche, kein Einsickern, kein Grundwasseraufbau.
Ernteverlust: Jeder Bearbeitungsgang entspricht ca. 10 mm verlorenem Regen.
Erosionslawine: Wasser und Wind tragen fruchtbaren Boden davon – samt Nährstoffen.
Schleichende Vergiftung: Sedimente belasten Flüsse, Seen und Kläranlagen.
Biodiversitätskiller: Weniger Vögel, weniger Bestäuber, weniger Vielfalt.
Naturwidrig: Kein einziger Prozess in der Natur bearbeitet den Boden so radikal.
Die Schäden sind so gravierend, dass Forscher den Pflug mit einem Erdbeben oder einer Sprengung vergleichen.
Die unsichtbaren Kosten
In wirtschaftlichen Studien wird Bodenbearbeitung oft als „neutral“ behandelt. Doch die wahren Kosten – Bodenerosion, verschmutztes Wasser, verlorene Biodiversität, sinkende Grundwasserstände – trägt die Gesellschaft.
Und am Ende zahlen auch die Landwirte selbst: durch sinkende Erträge, steigende Betriebskosten und den Verlust der eigenen Lebensgrundlage.
Die Lösung liegt vor uns
Die gute Nachricht: Wir wissen längst, wie es besser geht. Direktsaat, Dauerbodenbedeckung und vielfältige Fruchtfolgen sind keine Experimente mehr, sondern weltweit erprobte Systeme.
Sie sparen Zeit, Diesel und Kosten. Sie bauen Humus auf, schützen Wasser und steigern die Resilienz der Betriebe. Vor allem aber: Sie brechen das „Naturgesetz der sinkenden Produktivität“ und machen aus dem Teufelskreis der Zerstörung einen Kreislauf des Lebens.
Fazit
Bodenbearbeitung ist der größte blinde Fleck unserer Landwirtschaft. Wer den Pflug in den Boden schickt, zerstört nicht nur seine Regenwürmer – er zerstört die Zukunft.
Die Lösung liegt vor uns, sie ist einfach und sie ist dringend: Direktsaat statt Bodenbearbeitung.
Quellen: Derpsch, Friedrich, Kassam, Reicosky u. a., veröffentlicht in Soil Security (2024).
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