Inhalt
1. Politgläubigkeit
Eine jahrzehntelange systematische staatliche Förderung hat bei den Landwirten zu einer generellen Hörigkeit und Abhängigkeit gegenüber der Politik geführt. Hilferufe und Forderungen an die Politiker sind quasi an der Tagesordnung. Auch bei Problemen, welche überhaupt nicht politisch gelöst werden können. Wie z.B. die schwache Marktstellung der Landwirte durch die Überproduktionen. Seit 1992 gibt es gar keine staatliche Marktordnung mehr dafür. Dennoch hoffen viele Landwirte rückwärtsgewandt weiterhin auf die Politik und verharren in eigener Untätigkeit. Genau diese gehorsame Politikgläubigkeit hemmt dringend notwendige unternehmerische Entwicklungen. Der ständige Ruf nach Politik und Staat führt einerseits in die Resignation, und andererseits verstärkt sich damit laufend die bedrückende Bürokratie.
Befreie Dich als Bauer von der Politikgläubigkeit, um nicht mehr tatenlos zu hoffen und um dein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Du bist selber für dich und dein Leben verantwortlich!
2. Verschuldung
Der Kapitalbedarf für einen durchschnittlichen Arbeitsplatz in der Landwirtschaft liegt mittlerweile bei rund 552.000.- €. Mit Sicherheit ist ein großer Teil davon mit Schulden finanziert. Der Landwirt kann ja ganz einfach seinen Grund verpfänden. Die Umsatzrendite, die noch nicht einmal einen Gewinn erwirtschaftet, ist jedoch denkbar schlecht mit ca. 85.000 € je AK und Jahr. Es ist also davon auszugehen, dass der Großteil der Landwirte in einer Schuldenfalle sitzt. Das kann persönlich, wie auch für den Betrieb tragisch enden.
Befreie Dich als Bauer von der Verschuldung, damit Du nicht getrieben wirst von Bankern und Beratern. Im ganzheitlichen Management nach Savory gibt es interessante Einsichten zur ganzheitlichen Finanzplanung.
Mit der Zerstörung der selbständigen Bäuerlichkeit, begann die Zerstörung der Gesellschaft!
Prof. Dr. Johann Millendorfer, Zitat zum Niedergang des Kommunismus
3. Technikzwang
Der Historiker Dr. Karl Bosl sinnierte einst (Rede zum 40 jährigen Jubiläum des BBV 1986) über den Landmann des ausgehenden 20. Jahrhunderts: „Technik und Organisation sind an sich seine Helfer, aber die fortschreitende Technisierung zerstört auch seine Lebenswelt.“
Schon der Mansholt-Plan aus dem Jahre 1968 fußte auf der Notwendigkeit des betrieblichen Wachstums (Strukturwandel) um die Mechanisierung überhaupt rentabel werden zu lassen. Dieser Prozess war der Einstieg in das Hamsterrad zu Verschuldung (teure Technikinvestitionen) und dem Produktions- und Leistungszwang (Rendite). Nun ist die Technik an sich ist noch nichts Schlechtes.
Es kommt darauf an, was der Bauer daraus macht. Technisierung kann helfen Arbeit und Leben besser zu machen. Sie kann aber auch den Bauer zum Sklaven eines Systems machen, wo nurmehr Effizienz zum alleinigen Maßstab erhoben wird. Wo die Grenzkosten der Technisierung sich nicht mehr amortisieren lassen, weil der Preisverfall die Produktivitätssteigerung zunichte macht und die Verschuldung immer weiter vorantreibt.
Befreie Dich als Bauer vom Technikzwang, um nicht in die Spirale der Verschuldung zu geraten. Du musst nicht den größten Traktor fahren um erfolgreich zu sein. Allein mit der Direktsaat im Ackerbau lässt sich der Maschinenpark erfolgreich verkleinern.
4. Produktions-, Leistungs- und Umsatzzwang
Jeder junge Landwirt lernt in seiner Ausbildung, dass sein Überleben von Produktivität und Effizienz seines Betriebes abhängig sei. Möglichst viel zu produzieren und dabei nach den Lehren der Betriebswirtschaft die Stückkosten zu senken. Diese Betriebswirtschaft ist sicher richtig solange sie nicht nur die Kostensenkung im Visier hat, sondern auch die Erlössteigerung durch qualitatives Wachstum mit professionellem Marketing und Vertrieb. Kein Unternehmer, kein Handwerker, kein Freiberufler produziert auf Dauer Güter oder Dienstleistungen, die er nicht auch kostendeckend vermarkten kann. Doch viele landwirtschaftliche Unternehmer akzeptieren ein System, das extrem auf einseitige, massenhafte Produktion, Leistung und Wachstum setzt. Wie die meisten Landwirte diesen Leistungszwang verinnerlicht haben, erkennt man daran, dass Landwirte sich gerne über ihre Leistungsdaten definieren, z.B. Hektarertrag, Milch- oder Mastleistung usw. Ein derartiger Leistungs-, und Produktionszwang führt langfristig in den Burnout.
Befreie Dich vom Leistungszwang und werde Dir bewusst, dass Du als Bauer zuallererst ein wertvoller Mensch bist und keine Leistungsmaschine.
5. Beratungsbevormundung
Staatliche, studierte und beamtete Berater sind in Behörden, Schulen und auch in vielen Selbsthilfeorganisation der Landwirtschaft omnipräsent. Kein anderer Berufsstand hat mit den Ämtern für Landwirtschaft sogar eine eigene Behörde. Freie Bauern und beamtete Führung, passt so etwas denn überhaupt zusammen? Leider ist dieser bedauernswerte Umstand aus der Geschichte heraus logischerweise gewachsen. Seit die Staaten und Regierungen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zum Gemeinwohl erkoren haben. In der liberalen Neuzeit wurde dieses hohe Ziel um den wesentlichen Umstand erweitert, die Lebensmittel müssen möglichst billig sein, damit der Verbraucher mehr Geld für den Konsum übrig hat. Die beamtete Führung hat gute Arbeit geleistet. Die Landwirte haben sich mit Förderungen und gleichzeitigen gesetzlichen Verordnungen gutgläubig ins Hamsterrad führen lassen. Ein freier Bauer trifft seine eigenen Entscheidungen. Leider hat diese Bevormundung teilweise sogar gesetzlichen Schutz.
Befreie Dich als Bauer von der Beratungsbevormundung, indem Du deine Berater ernst nimmst, ihnen jedoch nichts unreflektiert glaubst.
6. Abliefermentalität
Jahrhundertelang waren Lebensmittel ein knappes Gut. Damit brauchte sich kein Bauer ernsthaft um Vermarktung kümmern. Doch schon seit den Produktivitätssteigerungen in den 1960er Jahren gibt es die Überproduktion von agrarischen Gütern. Bis zur McSharrey Reform 1992 versuchte deshalb die Agrarpolitik mit Marktinterventionen den logischen Preisverfall der Erzeugerpreise zu kaschieren. Doch der Staat scheiterte damit und gab seit damals schrittweise die Marktregulierungen auf. Stattdessen ging die Verantwortung auf genossenschaftliche, wie auch auf privatwirtschaftliche Unternehmen und natürlich auch auf den einzelnen Landwirt über. Doch weder genossenschaftliche noch privatwirtschaftliche Verarbeiter und Vermarkter nehmen diese Verantwortung zum Vorteil der Erzeuger wahr. Im Gegenteil: die Überproduktion der Landwirte ermöglicht diesen „Abnehmern“, wie auch dem Handel, ihre Einkaufskosten zu senken und damit ihre Gewinnspannen zu erhöhen.
Der überwiegende Teil der Landwirte engagiert sich leider nicht an kundenorientierten Markenprogrammen, sondern sie setzen auf Massenproduktion. Und schwächen damit ihre Marktstellungen immer weiter, da sie als Ablieferer von anonymen Lebensmittelrohstoffen in den übersättigten Märkten ständig unter Preis- und
Qualitätsdruck austauschbar sind.
Befreie Dich als Bauer von der althergebrachten Abliefermentalität und erkenne die Marktchancen um Dich herum.
7. Desaströse Glaubenssätze
Der Glaube eines Menschen bestimmt maßgeblich sein Handeln. Das gängige Berufsbild der landwirtschaftlichen Branche ist voll von desaströsen Glaubenssätzen, welche die Landwirte daran hindern selbstbewusst die eigene Situation zu reflektieren und in der Folge auch eigenverantwortlich zu verändern. Hier eine Auflistung, welche sicherlich nicht vollständig ist:
- Als Bauer kann ich nur Agrargüter produzieren.
- Ich muss immer billiger produzieren.
- Der Weltmarkt bestimmt meinen Erzeugerpreis.
- Wachsen oder Weichen.
- Nur die Politik kann uns Landwirten noch helfen.
- Ich kann meine Agrarprodukte nur abliefern. Auf die Vermarktung habe ich keinen Einfluss.
- Für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit fehlt mir die Zeit und ich weiß eh nicht wie ich das machen soll.
- Die Verbraucher wollen nur billig kaufen.
- Ich muss als Bauer immer die neueste Technik einsetzen, da ich sonst meine Arbeit nicht mehr schaffe.
- Medien und Gesellschaft respektieren meine Arbeit als Landwirt nicht.
- Produktivität und Effizienz ist der Schlüssel zum Erfolg.
- Geht nicht, gibt’s nicht.
- Ich bin ein armer Bauer.
etc.
Glaubenssätze beeinflussen nachhaltig die Gedankenwelt jedes Menschen und damit letztlich seine Fähigkeiten. Negative Glaubenssätze sabotieren automatisch positive Veränderungen. Wer an die billigste und massenhafte Produktion glaubt, traut sich dann eben nicht selbstbewusst Anerkennung und wertschätzende Preise durchzusetzen.
Befreie Dich als Bauer von desaströsen Glaubenssätzen. Stattdessen sage dir jeden Tag: „Ich bin als Bauer ein wertvoller Mensch, der ganzheitlich denkt, handelt und alles Schaffen kann!“
8. Schuldzuweisungen
Wer andere für seine Situation verantwortlich macht, der gibt letztlich die Macht über sich selbst ab. Der oder die Anderen sollen meine Situation verbessern, die ich beklage. Doch die Kernfrage ist, wer kann die beklagte Situation denn nachhaltig verbessern?
Wer wehleidig klagt, kann nicht gestalten!
Alois Glück, Buch „Das Land hat Zukunft“, Seite 16
Befreie Dich als Bauer von Schuldzuweisungen an Verbraucher, Medien und Politik, um deine Kraft und Macht bei Dir zu behalten und um selbst zu gestalten.
9. Landwirtschaftliche Blase
Landwirte bleiben gerne untereinander. Sogar bei geselligen Vereinen bilden Landwirte mitunter eigene Stammtische oder es werden gleich eigene Vereine, wie z.B. Jungzüchterclubs gegründet um unter seines Gleichen zu bleiben. Landwirte konsumieren überwiegend landwirtschaftliche Medien und Bauernblätter und auch beim neuen Social Media sind die Bauern neuerdings überregional vernetzt, aber doch wieder allein, weil in diesen Gruppen halt überwiegend Menschen mit landwirtschaftlichem Hintergrund sind. Bildungsveranstaltungen und Ausflüge von landwirtschaftlichen Organisationen haben meistens landwirtschaftliche Ziele. Das Ergebnis ist jedes Mal eine Art Blase, welche vorwiegend innerhalb kommuniziert, welche sich fortlaufend in ihren eigenen, engen Ansichten und Glaubenssätzen bestärkt. Die Realität außerhalb solcher Blasen bleibt weitgehend unbekannt. Darum verstehen viele Landwirte die Verbraucher nicht. Oder besser gesagt, sie verstehen ihre Kunden nicht.
Befreie Dich als Bauer aus der landwirtschaftlichen Blase um Weitblick zu bekommen und um deine außerlandwirtschaftlichen Mitbürger kennen und verstehen zu lernen.
10. Sozialkontrolle
Der Glaubenssatz „Gemeinsam sind wir stark“ ist in der Landwirtschaft sehr stark verankert. Grundsätzlich ist dieser Satz richtig, sofern es ein gemeinsames Ziel gibt. Doch ein hochproduktiver Massenerzeuger hat ganz andere Ziele als ein kleinbäuerlicher Bergbauer. Dies ist auch ein Dilemma der Bauernlobby. Letztlich kümmert man sich um das lukrativste Klientel, dem sich der Rest unterordnen soll. Wer als Bauer dann aus dem Idealbild des modern effizienten Agrariers ausschert, ist in den Augen der „Gemeinschaft“ schnell „kein richtiger Bauer“ mehr. Oder noch schlimmer ergeht es Landwirten, welche Kritik am Mainstream des herrschenden Systems äußern: sie werden als Nestbeschmutzer verstoßen. Dabei ist Kritik und Vielfalt ein ganz entscheidender Faktor für die dringend notwendige Weiterentwicklung
menschlicher, wie auch unternehmerischer Perspektiven. Die Sozialkontrolle der „Bauernschaft“ wirkt im Großen bei der Lobbyarbeit der Verbände, wie auch im Kleinen bei jeder kleinen Viehzuchtgenossenschaft. Sie ist der Grund, dass so manche Innovation im Keim erstickt wird.
Befreie Dich von der engen Sozialkontrolle und gehe deinen eigenen Weg.
Das Ziel: Der selbstbestimmte bäuerliche Mensch und Unternehmer
Diese Anleitung dient als Impuls. Diesen Impuls anzunehmen und zu reflektieren oder zu verwerfen obliegt jedem Leser selbst.
„Der Ziellose erleidet sein Schicksal – der Zielbewusste gestaltet es.“
Zitate von Imanuel Kant, deutscher Philosoph der Aufklärung, 1724-1804
Euer Alois
Dieser Beitrag ist zuerst auf bergbauern.de am 11. Februar 2020 erschienen.
Foto: unsplash.com, Max Duzij
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