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Was bringt das dem Verbraucher? Mit Simon Krämer

Mit Eloquenz, Offenheit und Mut sprechen wir mit Simon Krämer über die Transformationen, die wir in Politik und Landwirtschaft brauchen.

Die regenerative Transformation ist ein Prozess auf dem Land und auch in der Politik. 

Und genau uns braucht es auch – den Verbraucher. Wir müssen verstehen, dass die Umsetzung der Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft mit der Gesundheit von uns jedem zusammenhängt. 

Und damit auch jeder in der Verantwortung steht, seinen Teil für den Fortschritt beizutragen. Und dieser Fortschritt findet im wahrsten Sinne des Wortes von Grund auf statt. 

Mit Eloquenz, Offenheit und Mut sprechen wir mit Simon Krämer über die Theorie der kleinen Wasserkreisläufe, über Bürokratie Abbau, über Mikrobiologie und Pflanzengesundheit und warum es so wichtig ist, das Thema der Regenerativen Landwirtschaft in alle Munde zu bekommen. 

Und vieles mehr.

Viel Spaß beim Schauen und Nachlesen.

Play Video about Die Öffentlichkeit und die Regenerative Landwirtschaft mit Simon Krämer - soilify Interview Video

Folge 13 – Öffentlichkeit und regenerative Landwirtschaft - mit Simon Krämer

Hier bekommst Du einen Überblick über die gesamte Folge. Über die Zeitstempel kannst Du direkt zu dem jeweiligen Thema im Interview springen.

0:00 Vorspann
1:55 Vorstellung Simon Krämer
6:35 Vorteile für den Verbraucher
8:38 Wasserdampf als DAS Treibhausgas
16:41 Bürokratieabbau – Rahmenbedingungen für die Transformation
31:19 Grasland und Wiederkäuer – Bedeutung für die Biodiversität
47:43 Das politische Potenzial der regenerativen Landwirtschaft
1:00:58 Die BCG und NABU Studie
1:11:12 Simons Nachricht an die Welt

Interview zum Nachlesen

RegAg in der Öffentlichkeit

Anja: Herzlich willkommen zur zweiten Staffel der Interviews und ich habe heute Simon Krämer zu Gast.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir uns kennenlernten und wir haben direkt auch viele Verbindungen erkannt. Es gibt so viele Themen, zu denen wir uns gut austauschen können.

Ich möchte dir direkt das Wort überlassen, damit du dich vorstellen kannst und die Zuschauer einen Eindruck von dir bekommen können.

Simon: Ja, danke, dass ihr mich eingeladen habt. Ich bin Simon. Ich komme aus Niederrhein, bin in Hamburg aufgewachsen und habe im Bachelor “Internationale BWL” studiert, in den USA und dann in Moskau “Politische Agrarökonomie”. Und ich habe die ganze Zeit bereits schon im Ernährungssystem gearbeitet und arbeite jetzt seit drei Jahren in Unternehmens- und Politikberatung zur regenerativen Transformation unseres Ernährungssystems.

Anja:  In dem Sinne genau richtig, dass es auch heute um Regenerative Landwirtschaft gehen soll. Und du hast verschiedene Bereiche schon beackert, und warst auch bei der Veröffentlichung einer Studie involviert.

Du bist auch auf politisch europäischer Ebene unterwegs, um hier Einfluss zu nehmen, so dass sich regenerative Prinzipien auch über diesen Teil des Ganzen leichter in der Landwirtschaft integrieren lassen. Generell, wie ich finde, bist du hoch aktiv um etwas bewegen zu wollen und zu können.

Lass uns gerne mal anfangen, auch über das Thema der Studie zu reden, die du begleitet hast. Wie heißt die Studie und was ist so der Inhalt?

Simon: Ja, die Studie heißt auf Deutsch “Der Weg zu einer regenerativen Landwirtschaft in Deutschland und darüber hinaus”.

Und das Ziel der Studie war für den deutschen Kontext oder für alle industriellen Ernährungssysteme und Agrar-Sektoren zu sehen, wie man die regenerative Landwirtschaft und vor allem die Transformation dahin implementieren kann. 

Wir haben uns angeguckt, welche Maßnahmen wirklich in der Landbewirtschaftung umgesetzt werden sollten, damit wir von einer Transformation hin zur regenerativen Landwirtschaft sprechen können.

Und dann haben wir uns angeguckt, welche Einflüsse diese Maßnahmen haben können, auf unsere Agrar-Ökosysteme, auf unsere Ernährungssicherheit, also auf die Ertragresilienz vor allem. 

Und haben das dann hochgerechnet und haben so konkrete Handlungsempfehlungen für Landwirte, aber eben auch für Politik und vor allem auch für die nachgelagerte Wertschöpfungskette, also Nahrungsproduzenten vorlegen können.

Wir wollen der Ernährungsindustrie und dem Lebensmitteleinzelhandel Empfehlungen geben, wie sich alle einbringen können, um die regenerative Transformation der Landwirtschaft voranzubringen.

Anja: Wo geht die Studie nun hin? Wer sind die Adressaten und wer bekommt sie zu sehen?

Simon: Genau. Ich hoffe natürlich, dass alle sie zu sehen bekommen, die Interesse daran haben, sich für eine positive Veränderung in unserem Ernährungssystem einzusetzen. Ich glaube, die Adressaten der Studie sind Landwirtinnen und Landwirte, die Ernährungsindustrie, der Lebensmitteleinzelhandel und andere Akteure im Ernährungs-System, also die Agrar Produzenten als wie auch die Agrarpolitik.

Anja: Es ist super interessant und wichtig, dass sich genau die Akteure, die du nennst, sich damit auseinanderzusetzen.

Simon: Ja, ich glaube, wir haben im Moment viele Markt- und Machtasymmetrien im Ernährungssystem, die sich verstetigen und auch weiter verschlimmern. Wir kennen alle den Strukturwandel in der Landwirtschaft, das Höfesterben. Wir sehen das aber auch mit ganz vielen anderen kleinen und mittelständischen Unternehmen im Ernährungssystem, in der Ernährungsindustrie. Und so wird es meines Erachtens immer schwieriger für einzelne Handelnde, sich auf einen positiven Weg zu machen.

Wir wollen eben gerade Möglichkeiten aufzeigen, wie sich Akteure zusammenschließen können, um dann gemeinsam an Lieferketten zu Veränderungen zu kommen.

Anja: Und nehmen wir den Schwung auf das einzelne Individuum: Warum ist das für mich als Konsument interessant? Warum sollte ich mich mit regenerativer Landwirtschaft beschäftigen?

Simon: Ja, ich glaube, da gibt es eine Unendlichkeit an Gründen. Wir haben natürlich unsere sozialen Krisen, wir haben eine weltweit verschlimmernde Hungerkrise – akute Hungerkrise! Wir haben aber auch jede Menge verborgenen Hunger, also eigentlich eine Ernährungskrise, in der 3 Milliarden fehlende Ernährung sich 3 Milliarden falscher Ernährung gegenüberstehen. 

Wir haben die Epidemie der sich nicht übertragbaren Krankheiten, also alles von Asthma bis Krebs etc..

Und wir wussten lange nicht, woher das kommt. Und mittlerweile haben wir aus neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Mikrobiologie, aus den Medizinwissenschaften gelernt, dass diese Krankheiten aus einer Veränderung unseres Mikrobioms stammen. 

Und dieses Mikrobiom verändert sich eben vor allem auch, weil das Mikrobiom der Nahrung, dass wir zu uns nehmen, sich verändert und dieses Mikrobiom hat sich verändert, weil die Nahrung, die die Pflanzen selbst zu sich nehmen, einfach nicht mehr gesund ist.

Und das hängt ganz eng mit unserer Bodennutzung zusammen.

Und das ist ein Grund, also die persönliche Gesundheit von Konsumenten und der Nährwert der Nahrung. Der andere Grund ist meines Erachtens die Natur und die Klimakrise, die sich stetig verschlimmert. Die ökologischen Krisen, in der wir meines Erachtens einen riesigen Hebel bis heute komplett außer Acht gelassen haben. 

Das wichtigste Treibhausgas, den Wasserdampf und den beackern wir mit unserer Klima- und auch Naturschutz Politik derzeit einfach noch gar nicht aktiv.

Der Wasserdampf wird aber maßgeblich durch unsere Landwirtschaft reguliert, also der Wasserdampf an Land. Und da können wir mit regenerativer Landwirtschaft unglaublich zur Klimawandel-Adaption, aber auch zur unmittelbaren Mitigierung beitragen.

Anja: Spannender Schwung – auch mal im Denken den Wasserdampf zu sehen, das Wasser. Wir kennen den Fokus auf CO2 und dessen Einflussmöglichkeiten und dann wird klar – wir müssen den Fokus erweitern. Und du sagst jetzt, einen Fokus auf das Wasser zu setzen kann sinnvoll sein. Magst du das mal näher erläutern, was du da siehst? Warum ist das so?

Simon: Klar, gerne. Das ist tatsächlich auch der Weg, wie ich ursprünglich mal so richtig für die regenerative Landwirtschaft angeheizt worden bin, durch Professor Walter, einen Mikrobiologie Professor aus Australien. 

Und wir haben Wärmedynamiken auf unserem Planeten, die vor allem auch durch Wasserdampf reguliert werden. Und Wasserdampf an Land wird vor allem durch Transpiration reguliert und das ist vor allem die Verdunstung, die Leistung von Pflanzen und deren Oberfläche.

Und durch diese Oberfläche entsteht Kühlung, wie auch bei uns Menschen. 

Wenn wir schwitzen, kühlt sich die Haut ab oder eben die Oberfläche heizt sich auf. Also wenn wir nichts mehr auf der Oberfläche haben, das verdunstet, dann heizt sich das unglaublich auf und man kann sich das, glaube ich, gut vor Augen führen. 

Wir sind eine auf Getreide basierende Zivilisation, auf der Nordhalbkugel. Im Hochsommer ernten wir unsere Getreidefelder und dann liegen die brach und heizen sich auf.

Da ist nichts mehr an lebender Pflanzenmasse, die Transpiration Leistung schafft. 

Und dann, wenn es bei uns Winter ist, machen wir in der Südhalbkugel ähnliches. Und so heizen wir die Erdoberfläche ungemein auf.

Stefan Schwarzer, ein deutscher Wissenschaftler, hat dazu auch tolle Arbeit gemacht und hat jetzt gerade 2021 ein Papier dazu veröffentlicht. 

Und ich glaube, das ist ein Verständnis, das uns wieder einen positiven Drive geben kann in der Begegnung des Klimawandels. Es gibt zum Beispiel den Wissenschaftler Michael Kravitz, einen Slowake, der 2007 die Theorie der kleinen Wasserkreisläufe aufgestellt hat.

Vorher haben wir immer geglaubt, dass unsere Hydrologie, also der Wasserdampf, nur durch die Ozeane reguliert wird.

Wir haben die riesigen Ozeane, wir sind der blaue Planet, da entsteht unglaublich viel Wasserdampf. Für das Mikroklima an Land ist die Verdunstung von Pflanzen ausschlaggebend.

Und die Theorie der kleinen Wasserkreisläufe, die Hydrologie an Land, kennen wir erst seit 2007 durch Michael Kravitz. Und er sagt: Wenn jeder Mensch 100 Kubikmeter Wasser-Retention Maßnahmen in seiner eigenen Landschaft schafft, könnten wir alle Symptome des Klimawandels aufheben.

Anja: Daraus folgt natürlich direkt die nächste Frage: Was kann getan werden, um diese Erkenntnisse anzuwenden?

Simon: Es ist wichtig, dass wir uns um die Böden kümmern und die Wasser-Infiltrationsleistung des Bodens verbessern. Durch eine regenerative Bodennutzung.

Anja: Um direkt klar zu werden: Was sind die Prinzipien der regenerativen Bodennutzung, der regenerativen Landwirtschaft? Wiederholung stärkt das Ganze ja!

Simon: Wir wollen eine natürliche Struktur schaffen. Heute haben wir unglaublich verdichtete Böden mit Pflugsohlen. Wir haben auch biologisch tote Böden, in unseren meisten Ackerböden. Da sind vielleicht noch ein paar Bakterien, aber zum Beispiel keine Pilze. Und für einen biologisch gesunden Ackerboden braucht es ein ausgeglichenes Pilz-Bakterien Verhältnis mit möglichst hoher Diversität sowohl an Pilzen als auch an Bakterien.

Das haben wir derzeit nicht mehr. Das sind meines Erachtens die Grundthemen, die wir regenerieren müssen.

Und wir kennen alle mittlerweile das Carbon Farming. Meines Erachtens geht es bei der regenerativen Landwirtschaft vor allem auch ums Water Farming.

Der Trick ist meines Erachtens in der Sache, denn das geht durch das Carbon Farming, also durch die Biomasse, die wir auf der Fläche erhöhen. Und durch den Kohlenstoffaufbau im Boden können wir es einfach schaffen, die Wasserspeicherkapazität der Böden zu erhöhen und die Wasserinfiltration der Böden. 

Und diese Kapazität der Böden können wir vor allem erhöhen, wenn sie nicht verdichtet sind und wir lebende Pflanzenmasse auf ihrer Oberfläche haben.

Und wenn dann die Starkregen Ereignisse kommen, dann können wir reichlich Wasser infiltrieren und auch an das Grundwasser weiterleiten.

Anja: Das ist auch ein gesellschaftlich wichtiges Thema! Was ist unser derzeitiger Stand mit dem Grundwasser und was können wir hier durch verbesserte Maßnahmen mit dem Boden tun?

Simon: Ja, wir haben hier im Moment eine Katastrophe. Die Entwicklungen, auch hier in Europa, zu unseren Grundwasserspeicher-Ständen nehmen stetig ab.

Und das ist ein Paradoxon, wenn wir uns vor Augen halten, dass wir stetig sinkende Grundwasserspiegel haben. Obwohl wir stetig zunehmende absolute Jahresniederschlagsmengen haben. Wir haben mehr Regen, aber weniger Grundwasser – und das liegt am Zustand unserer Böden.

Anja: Gut, das zu hören und auch ins Bewusstsein zu rufen. Dafür führen wir diese Gespräche.

Du bist auch politisch aktiv. Magst du kurz ausführen, woran du da gerade mit dran bist?

Simon: Ja, also in meinem Verständnis, um diesen sozialen und ökologischen Krisen zu begegnen, müssen wir Landwirtinnen und Landwirte als ökologische Stewards begreifen. Also die Chance für uns als Gesellschaft, diesen Krisen zu begegnen. Die liegt nur in einer positiven Beziehung und Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft. 

Und leider haben wir meines Erachtens im Moment keinen wirklichen Draht zwischen Politik und Landwirtschaft, der zu einer befriedigenden Transformation von Landwirtschaft führt.

Und ich versuche in meiner politischen Arbeit zum einen natürlich die Gesetzesvorschläge, die aus der Politik selbst laufen, dahingehend zu beeinflussen, dass ein größerer Fokus auf dem Boden auf die Regeneration der Boden Gesundheit gelegt wird, aber eben vor allem auch auf die Rahmenbedingungen, die Landwirtinnen und Landwirte brauchen, um diese Regeneration ihrer Böden umzusetzen.

 

Direktsaat-Maschine John Deere 750A

Rahmenbedingungen für die Transformation

Anja: Was siehst du? Was wären für dich gute Rahmenbedingungen, die der Umsetzung dieser Transformation zu kommen?

Simon: Meines Erachtens brauchen Landwirtinnen und Landwirte vor allem Planungssicherheit, also Planungssicherheit in ihrem regulatorischen Ökosystem, damit sie auch Investitionen tätigen können. Planungssicherheit reduziert Transfer Kosten von einem System zum nächsten, zwischen dem ich Investitionen brauche.

Wir müssen auch wieder zu einem Regulations- und Fördersystem System kommen, das prospektiv einen Bürokratieabbau schafft. 

Also dass Landwirtinnen und Landwirte wirklich Zeit haben, sich mit der Regeneration ihres Ökosystems und mit ihrer betrieblichen, ökonomischen und ökologischen Resilienz Förderung auseinanderzusetzen und nicht tagtäglich damit verbringen müssen, einen Haufen Papierkram für einzelne Förderungsmaßnahmen auszuführen.

Anja: Das ist meine Erfahrung auch mit den Landwirten da draußen. Eine super wichtige Meldung, dass genau das mal angegangen wird. Also ist der Bürokratieabbau in Sicht. 

Und du sagst, du bist auch konkret dran das mit in die Umsetzung zu bringen?

Simon: Ich würde jetzt noch nicht sagen, dass dieser Bürokratieabbau aktiv von denjenigen, die Macht über die Bürokratie haben, angegangen wird. 

Aber für unsere Arbeit in der Auseinandersetzung mit der Agrarpolitik ist das auf jeden Fall eine der ersten Prämissen.

Anja: Wo siehst du die Potenziale der regenerativen Landwirtschaft?

Simon: Ich sehe die Potenziale enorm. So hatten wir zum Beispiel während der ersten industriellen Revolution in England und in Holland die Revolution der Bauern, eine Revolution in der Landwirtschaft, die sich eigentlich auf zwei Sachen fokussiert hat.

Nämlich auf Planungssicherheit für Landwirte, also lange Pachtverträge oder eigener Landbesitz und auf die Förderung der Bodenfruchtbarkeit. Und heute sehe ich das Schöne an der regenerativen Landwirtschaft, dass wir Landwirtinnen und Landwirte, aber auch Kleinbäuerinnen und Kleinbauern haben wo genau diese zwei gleichen Prämissen wieder für sie zusammen kommen. Die Förderung ihrer eigenen Unabhängigkeit, also die der betrieblichen Unabhängigkeit und der Fokus der Förderung der Bodenfruchtbarkeit.

Und darüber hinaus, würde ich sagen, ist eben auch für uns als Gesellschaft, nicht nur für die Klimawandelanpassung, aber auch ganz fundamental für unser Ernährungssicherung, das Potenzial enorm.

Und wir müssen fundamental überdenken. Die Erträge stagnieren seit 20 Jahren – auch da wir immer größerer Ausreißer nach unten haben. Der Verlust kommt durch Dürren und Starkwetterereignisse mit zusammen.

Wir müssen umdenken: Von unserem Ziel, den maximalen Ertrag in einem Jahr zu erwirtschaften, hin zu dem maximalen Ertrag über einen längeren Zeitraum zu erwirtschaften. Das schaffen wir eben nur, wenn wir die Ertragsresilienz fördern.

Und ich glaube, wenn wir diese ganz grundlegenden Zielvorstellungen ändern, haben wir auch viele weitere positive Effekte, die sich daran anschließen.

Wir müssen in positiven Symbiosen denken – zwischen Mikrobiologie und Pflanze, Pflanzenschutz wieder anders verstehen und so die Pflanzengesundheit und Ertragsresilienzen stärken.

Dazu gehört auch die Pestizid Reduktion.

Anja: Mehrere Aspekte, die du ansprichst. Das Schöne: Wir haben die Lösungen parat und der Boden ist im Fokus. 

Was siehst du als die nächsten wichtigen Schritte für dich persönlich, um weiterzukommen und auch noch besser kommunizieren zu könne worum es geht?

Pioniere als Inspiration für Resilienz

Simon: Ja, also ich glaube an diese Handlungsfähigkeit –  dank der tatsächlichen landwirtschaftlichen Pioniere der regenerativen Landwirtschaft, der Conservation Agriculture, der Agrar Ökologie.

Wo wir einfach etliche Beispiele haben von Landwirtinnen und Landwirte in ganz Europa haben, aber auch auf der ganzen Welt, die zeigen, dass wir gute Erträge resilient mit positiven Effekten auf unsere Umwelt erwirtschaften können. 

Und mein Ziel ist, dass wir dieses Netzwerk stärken, dass wir sehen, was sich zum Beispiel in Europa entwickelt.

Wir haben überall verstreut progressive Akteure in der Landwirtschaft, in der Ernährungsindustrie, in der ganzen Start Up Welt, die versuchen neue Betriebsmittel und Möglichkeiten für Landwirte zu erfinden.

So öffnen sich auch neue Arbeitsfelder und neue Arbeitsplätze können geschaffen werden – und welche die Innovation für den Boden voran bringen.

Konkret können wir hier Resoilutions ansprechen. Ein Komposter – genauer ein Johnson Su Reaktor – der Biomasse produziert, um das Pilzbakterien Verhältnis im Boden zu verbessern.

Anja: Juan De La Serna! Er macht richtig gute Arbeit und zeigt auf, wie mit einfachen Mittel richtig gutes für den Boden getan werden kann.

Simon: Genau. Das ist auch eine weitere Riesenchance. Wir können die Unabhängigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben und damit auch deren ökonomische Gesundheit fördern. So können sie sich frei machen von Weltmarkt getriebenen Preisen. Und von Input-Mitteln immer unabhängiger machen. Resoilutions ist hier ein super Beispiel. Im Vergleich zu anderen Betriebsmitteln ist er super günstig und jeder Landwirt kann ihn sich kaufen.

Und hast du ihn dir einmal gekauft – dann kostet er nichts mehr. Und die Ergebnisse die wir sehen, sind wirklich großartig. Aus den USA kennen wir Beispiele, die sich selbst diese Art der Johnson Su Bioreaktoren im großen Maßstab nachgebaut haben und tolle Ergebnisse damit haben, ihre Böden nicht mehr wie derzeit noch üblich zu bearbeiten und auch tolle resiliente Erträge haben.

Anja: Welche einfachen Worte können wir dafür finden, zu erklären wie die Resilienz zustande kommt? Um das Ganze greifbarer zu machen.

Simon: Die Resilienz kommt dadurch zustande, dass zum einen die Pflanzen Gesundheit gestärkt wird, weil es einfach eine universelle Boden-Biodiversität gibt, die also ganz verschiedene Symbiosen mit der Pflanze eingehen kann und auch ganz viele Nährstoffe, aber auch Wasser im Boden Pflanzen verfügbar machen kann. 

Und die andere Art und Weise meines Erachtens, wie die Resilienz gefördert wird, ist durch die Symbiose in die andere Richtung, also die Pflanzen. Die Pflanzensäfte, der Kohlenstoff, den die Pflanze durch Photosynthese aufnimmt und an die Boden Biodiversität weitergibt und diese Boden-Biodiversität diesen dann in organischen Kohlenstoff umsetzt – der dann wieder rum eine ganze Reihe an positiven Boden Funktionen fördert.

Anja: Und das ist ja auch schon das Thema Biodiversität angesprochen. Und ich weiß, dass du da auch einen großen Fokus drauf setzt. Auch Wasser und Biodiversität haben eine wichtige Verbindung. Warum ist das dir so wichtig?

Simon: Ich glaube, in der Begegnung der Klima und Natur Krise haben wir eben zwei riesige Hebel vergessen. In der Klimakrise den Wasserdampf und in der Natur Krise die Boden-Biodiversität. Und wir betreiben jetzt schon lange Naturschutz, aber leider zeigen die Trends der Biodiversität weiter stark nach unten und ich glaube, wir brauchen ein systemisches Verständnis der Biodiversität.

Und das kriegt man, wenn man sich wieder auf den Boden fokussiert, weil 420 vor 420 Millionen Jahren gab es nur den blauen Planeten und an Land war eigentlich nur Stein. Dann hat Leben das Land erobert – Symbiose aus Pilzen und Algen fingen auf Steinen an. Die haben dann langsam an Land Photosynthese betrieben und Gestein gelöst und so den Boden aufgebaut und dadurch eben terrestrische Ökosysteme an Land geschaffen und damit auch die Biodiversität an Land geschaffen.

Und wir sehen das ja in der Forschung zur Conservation Agriculture. Wenn wir die Biodiversität im Boden regenerieren, dann ist das ein unglaublich guter Proxy. Aber vor allem meines Erachtens auch die Basis, um die Biodiversität in Ökosystemen wieder zu regenerieren.

Anja:  Und Proxy ist zurzeit ein Übermittler oder eine Möglichkeit, um diese Biodiversität im Boden auch wieder zu schaffen?

Simon: Genau. Das ist mein politischer Sprachgebrauch. Wir suchen ja immer in der Politik nach Indikatoren, die wir uns angucken können, um dann Komplexität zu reduzieren um uns etwas angucken zu können. Bisher haben wir in der Biodiversität immer auf die Vögel geguckt, also Natura 2000 etc. Wir machen Vögel, Zählungen und nehmen den als Proxy für die gesamte Biodiversität, die wir haben, im terrestrischen Ökosystem.

Meine Idee wäre, dass wir uns die Biodiversität im Boden angucken. Dann haben wir wirklich einen umfassenden Proxy für die gesamte Biodiversität in den regenerierenden Ökosystemen. Und das hoffentlich bald.

Anja: Und wie können wir diesen Proxy stärken, also die Böden, also die Diversität der Lebewesen im Boden?

Simon: Indem wir ihr Habitat schützen, also nicht zerstören durch Pflügen oder andere Bodenbearbeitung – indem wir sie ernähren. Das geht vor allem durch flüssigen Kohlenstoff, also durch Wurzeln, also indem wir den Boden unterirdisch mit lebenden Wurzeln schützen und Nahrung für die Boden Lebewesen nach unten leiten oder an Oberfläche des Bodens zurücklassen. Das war’s eigentlich schon.

Anja: Wie sieht das dann mit dem Wiederkäuern aus, welchen Einfluss haben die für den Boden und die Biodiversität?

Simon: Tiere in der Landwirtschaft können wie so eine biologische Okulation wirken. Über den Pansen und die Ausscheidungen der Kuh beispielsweise. Was die Kuh dann ausgeschieden ist ein Riesen Hub für die Biodiversität. Und das gilt nicht nur für die Kuh, sondern auch für andere Wiederkäuer.

Meines Erachtens können wir Tierhaltung fördern, wenn wir eigentlich zwei Prämissen in der Tierhaltung beachten. Prospektiv sollte die Tierernährung, das Tierfutter, in keiner Nahrungsmittel Konkurrenz zum Menschen stehen und die Tierhaltung muss so gesteuert sein, dass sie natürliche Kreisläufe stärkt.

Anja: Unter dem Aspekt, ist sie auch wieder förderlich für die Bodenlebewesen?

Simon:  Auf jeden Fall. Ich habe gerade die Zahl nicht parat, wie viel Insekten und weitere Lebewesen allein in einem Kuhfladen zu Hause sind.

Anja: Von Tobias Kamphoff, einem guten Freund, habe ich letztens die Perspektive der Großvieheinheiten im Boden gehört. Ein wirkliches Universum im Boden, wovon uns noch so viel verborgen ist.

Simon: Absolut. Ich meine, wir können uns das auch noch mal anders vor Augen führen. Grasland Ökosysteme sind mit den Wiederkäuern entstanden und sie unglaublich gut für den Bodenaufbau. Wir haben in Mitteleuropa früher bereits Wechsel Wirtschaft gemacht, Ackerbau und Weide im Wechsel. Das ist auch ein Prinzip der regenerativen Landwirtschaft – die Integration der Tierhaltung.

Anja: Spannende Perspektive. Siehst du, siehst du eine Möglichkeit, dass wir auch wieder mehr Weideland haben? Oder wie siehst du das mit dem Thema Acker und Weideland in sich? Wie können wir am besten beitragen, dass die Bio-Diversität im Boden und über dem Boden wieder steigt?

Simon: Also im Moment haben wir ja immer noch große Rückgänge in unserem Grasland. Sowohl in den USA wird Grasland umgebrochen. Hier bei uns steht uns eine Klage ins Haus, weil wir Grasland umgebrochen haben, dass Naturschutzfachlich geschützt war. 

Wir sehen zum Beispiel auch in der südamerikanischen Pampa, in Argentinien wird Grünland umgebrochen, um Ackerbau zu betreiben. Das hat natürlich einfach damit zu tun, dass der ökonomische Anreiz für Landwirtinnen und Landwirte ein ganz anderer ist. Der Deckungsbeitrag, den sie auf dem Acker erzielen können, ist einfach unglaublich viel höher als oder ist höher normalerweise als im Grasland. Und wenn wir einen riesigen ökonomischen Druck durch den Strukturwandel etc. auf landwirtschaftliche Betriebe ausüben, dann ist das vielleicht auch ein Akt, um zu überleben oder versuchen zu überleben.. 

Meines Erachtens könnten wir eben dazu beitragen, die Weidewirtschaft zu fördern, indem wir einfach positive Lieferketten hinkriegen. Also wenn Konsumentinnen und Konsumenten sich der Bedeutung der Grasland Ökosysteme bewusst sind, können privilegierte Konsumentinnen vielleicht auch mehr Rindfleisch ausgeben und möchten dies auch tun. Der andere Weg ist natürlich die, wie eben angesprochen, die Weidetiere wieder in den Ackerbau zu integrieren, wobei meines Erachtens da auch unterschieden werden kann, in welchen landwirtschaftlichen Betriebs-Strukturen das eher einfacher möglich ist. Und bei unseren eher größeren und getrennt betriebenen landwirtschaftlichen Betrieben ist eine Integration nochmal herausfordernder.

Mischbetriebe haben es einfacher sich auf den Weg der regenerativen Transformation zu machen.

Anja: Wertvolle Perspektiven und auch wie du es beschreibst, auch wirklich diese verschiedenen Aspekte mal mit einzubeziehen, um auch eine Entscheidung zu treffen. Ergibt Tierhaltung weiterhin Sinn oder auch nicht, in dieser Frage stecken wir gesellschaftlich ja auch fest.

Simon: Ich glaube, wir verrennen uns da gerade sehr. Man muss das nicht in Dualismen sehen und alles als entweder oder betrachten. Es gibt auf jeden Fall einen Riesenhaufen an industrieller Tierzucht, die wir schnellstmöglich abschaffen müssen. 

Aber das heißt nicht, dass wir Tierhaltung abschaffen müssen, die in keiner Nahrungsmittel Konkurrenz zu Menschen steht und wertvolle Ökosysteme erhält und Naturkreisläufe sogar stärkt.

Anja: Wichtige Nachrichten, die du hast.

Schön, dass Hoffnung wieder aufleben darf, dass wir diesen Krisen, die du ja auch ausgeführt hatte, nicht unbedingt mit der Angst zu begegnen ist, sondern mit einem: Okay, jetzt haben wir hier offensichtlich ein Problem und jetzt lasst es uns lösen und dann entsprechend auch gemeinsam mit Kräfte bündeln.

Die kleinen Veränderungen zählen dann auch schon. Was siehst du, was der ganz normale Konsument, der in der Stadt wohnt, wenig Bezug zum Land hat oder sich politisch wenig damit auseinandergesetzt hat, was du getan hast? 

Was ist das, was jetzt wirklich getan werden kann.

Simon: Was wirklich getan werden kann vom einzelnen Konsumenten? Hier ist glaube ich vor Augen zu führen, dass unsere Ernährung eine große Verantwortung ist. Die größte Konsumentscheidungen, die uns unser Leben lang begleitet. 

Wir können durch die Förderung von kleinen Nahrungsnetzen, von regionalen Produzentinnen und Produzenten, unseren Beitrag leisten. Bewusste Kaufentscheidungen sind hier auch maßgeblich.

Was möchte ich fördern und vor allem wie möchte ich mich ernähren? Welche Auswirkungen hat das auf meine Gesundheit und auf die planetare Gesundheit?

Anja: Gehe ich jetzt in den Supermarkt, finde ich kaum etwas Regeneratives. Worauf müsste ich da achten? Kann ich das überhaupt? Kann ich das überhaupt schon ablesen?

Simon: Gute Frage. Ich weiß auch nicht ob uns ein Label weiterhilft. Mein Ansatz ist, dass wir es schaffen, die landwirtschaftliche Transformation in der Breite der Landwirtschaft voranzutreiben, um die Lebensmittel von allen gesünder und ökologisch wertvoller zu gestalten.

Anja: Das heißt auch wieder auch mal zu den Bauern direkt gehen. Wie bist du da damals vorgegangen? Im Sinne von auch: Wie hat ich das Thema auch so angesprochen, dass du nicht mehr losgelassen hast?

Simon: Mich hat die Einsicht beeindruckt, dass wir beim Klimawandel eine so große Variable noch nicht mit angeschaut haben. Und die Einsicht, dass die größte Landnutzung, die wir betreiben, Landwirtschaft ist. Und ich würde sagen, dass wir einfach mit einer positiven und wertschätzenden Beziehung allen Menschen, die unsere Nahrungsmittel produzieren, täglich da zu einem gemeinsamen Weg kommen können.

Anja: Das Thema Kohlenstoff Zertifikate: Magst du da ein paar Worte verlieren?

 
Direktsaat-Pionier Dr. Ademir Calegari

Wir müssen in positiven Symbiosen denken - zwischen Mikrobiologie und Pflanze, Pflanzenschutz wieder anders verstehen und so die Pflanzengesundheit und Ertragsresilienzen stärken.

Die Transformation in der Politik

To be continued

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Die nächste Folge

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(Premiere: 07.10.23 auf YouTube)

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