Thoma, Thorium und Theorien
Im zweiten Teil des Interviews sprechen Anja und Alexander über Möglichkeiten, wie die Regenerative Landwirtschaft in die Gesellschaft getragen werden kann, über Gesundheit des Menschen. Natürlich sind wieder spannende Perspektivwechsel mit dabei, die uns Hoffnung auf eine wunderbare Zukunft geben.
Die Premiere war am Samstag, 12.08.2023. Wir von soilify freuen uns auf spannende Diskussionen und einen anregenden Austausch.
Die 2. Folge
Hier bekommst du einen Überblick über die gesamte Folge. Über die Zeitstempel kannst Du direkt zu dem jeweiligen Thema im Interview springen.
0:00 Vorspann
1:59 Die Lösungen sind alle da
11:35 Die Verbreitung der Prinzipien der Regenerativen Landwirtschaft
19:23 Wie kann in die Direktsaat bzw. Regenerative Landwirtschaft gestartet werden
26:21 Perspektivwechsel Kompost und Komposttee
38:30 Konzept der ökologischen Sukzession
48:00 Pflanzenschutz im Biologischen Anbau
53:30 Die Ernährung der Menschen
1:05:55 Kohlenstoffzertifikate
1:13:45 Chemie, Biologie Physik
Inhalt der Folge
Auch Alexander Klümper, seines Zeichens Direktsäer aus Sachsen-Anhalt, sieht die Problematik einer festen Begriffsdefinition von „Regenerative Landwirtschaft“ – besonders auch im Spiegel der Direktsaat. Aus seiner Sicht ist nicht das Ziel, sondern der Weg zu einer bodenaufbauenden Landwirtschaft entscheidend.
Und diesen Weg kann man z.B. auch über die gut aufbereiteten Angebote von soilify gehen. Außerdem stellt Alexander die bekannten Telegram-Gruppen wie die „Direktsaat-Gruppe“ als Ort eines regen Informationsaustausches vor, und betont die Wichtigkeit von Regionalgruppen. Diese können besonders beim Ein- bzw. Umstieg zur Direktsaat helfen. Denn in jeder Region gibt es komplett andere Voraussetzungen, was z.B. die Böden oder die klimatischen Bedingungen angehen.
Hilfe zur Selbtshilfe
Wer darüber hinaus weiterer Unterstützung bedarf, kann z.B. auch gern die Angebote von Beratern wahrnehmen. Besonders das Beratungsangebot von Heiner Willenborg wird hervorgehoben, der sich auf das Spannungsfeld von generationsübergreifenden Hofübernahmen spezialisiert hat. Aber auch wichtige Texte wie die „10 Schritte für die erfolgreiche Umsetzung der Direktsaat“ von Rolf Derpsch geben zusätzlich Orientierung. Alexander betont im weiteren Verlauf des Gespräches, dass es aber kein festes Rezept gäbe, sondern dass man gerade zu Beginn besser auf kleinen Teilflächen testen und seine Erfahrungen sammeln sollte. Direktsaat ist seiner Ansicht nach ein sich ständig veränderndes System, das ein lebenslanges Lernen nach sich zieht.
Ein ganzes Universum unter unseren Füßen
Im weiteren Verlauf des Interviews erklärt Alexander die Vorteile von Kompost (Aufbau und Ansetzen) und die unterschiedlichen Kompostarten. Er erwähnt den Johnson-Su-Reaktor und beschreibt die Möglichkeiten von Komposttee und Kompostextrakt. Was die Erforschung der Bodenbiologie angeht, ist seiner Aussage nach Deutschland gegenüber den USA weit abgeschlagen. Seine Forderung: Landwirte sollten selbst Versuche anlegen, um praktische Erfahrungen im Umgang mit den unterschiedlichen Stellschrauben in der Landbewirtschaftung zu sammeln, besonders auch in Bezug auf unterschiedliche Biostimulanzien.
Um z.B. Unkräuter zu minimieren, müssen seiner Ansicht nach wieder ausgewogene Verhältnisse in der Biologie hergestellt werden. Dabei hilft das Modell der ökologischen Sukzession, das Alexander anhand eines Schaubildes präsentiert.
Anja stellt kurz die Plattform von soilify vor und beschreibt, wie jeder aktiv zur Finanzierung und weiteren Unabhängigkeit beitragen kann.
Wie Du soilify unterstützen kannst
Bio gleich besser?
Anhand von Beispielen wie dem Insektizid Spinosad oder dem Fungizid Kupfersulfat in der Biolandwirtschaft geht Alexander der Frage auf den Grund, ob Pflanzenschutz natürlichen Ursprungs per se besser ist als sein chemisches Pendant. Das Schwermetall Kupfersulfat z.B. verdränge im Weinbau den Nährstoff Zink, der eine wichtige Rolle gegen Trockenstress einnimmt.
Erst der moderne Ackerbau in seiner heutigen Form hat es uns ermöglicht, so viele Menschen ausgewogen ernähren zu können, was als Errungenschaft der Menschheit bewertet werden darf.
Exkurs: Spinosad
Ein genauerer Blick lohnt
Auch beim Thema Fleisch zeigt es sich, dass es sich lohnt, genauer hinzusehen:
Bestimmte Gerste in der Fruchtfolge ist für die menschliche Ernährung unbrauchbar und nur für die Tiernahrung nutzbar. Gleiches gilt für Weizen minderer Qualität mit einem zu geringen Anteil an Klebereiweiß, das sogenannte Gluten. Auch bereits gekeimter Weizen durch zu hohe Feuchtigkeit ist für die menschliche Nahrung nicht mehr zu verwerten. Einige landwirtschaftlich genutzte Flächen können darüber hinaus ausschließlich für die Tiernahrung genutzt werden, für den Ackerbau sind sie gänzlich ungeeignet. Besonders in bergigen und schwer zugänglichen oder kleinteiligen Flächen (z.B. auf Deichen) ist an Ackerbau nicht zu denken. Da helfen Tiere, die Weideflächen zu optimieren. Auch Abfälle der Nahrungsproduktion werden als Tiernahrung zweitverwertet. So können sich Kreisläufe besser schließen, besonders auch wenn wir die Dinge global betrachten.
Step by step zur regionalen Wertschöpfung
Wie kann man den Verbraucher besser erreichen? Alex sieht die Regenerative Landwirtschaft am Beispiel Direktsaat als besonders erklärungsbedürftig an. Herausfordernd wird es auch bei der Direktvermarktung von regenerativ erzeugten Rohstoffen sein. Alexander sieht einen großen Unterschied zwischen den Erzeugnissen wie Gemüse, Weizen oder Fleisch. Die Direktvermarktung stellt sich bei Weidefleisch deutlich einfacher dar als bei 1.000 Tonnen Weizen. Der Mehrwert ist schnell transportiert. Am Ende steht die Frage: Könnte eine offizielle Zertifizierung helfen, Weizen regional besser zu vermarkten?
Kohlenstoffzertifikate – ein Thema mit vielen Fragezeichen
Der Landwirt hat die Arbeit, das Risiko und die Bürokratie, die Gewinne werden aber woanders gemacht, so jedenfalls stellt Alexander das Thema Kohlenstoffzertifikate dar. Laut seiner Erfahrungen gibt es bisher keine Möglichkeit, Messwerte über die Fläche so genau zu bestimmen, um Aussagen über den Humusgehalt zu tätigen – zu unterschiedlich zeigen sich die Werte. Alexander hat dazu viele Fragen und nur wenige Antworten: Welche Parameter sind wirklich aussagekräftig? Wer bezahlt die Bodenproben? Was passiert in 10 Jahren? Wer muss den freigesetzten Kohlenstoff bezahlen, wenn wieder gepflügt wird? Der neue oder der bisherige Pächter? Gibt es Alternativen zu CO2-Zertifikaten? Brauchen wir die überhaupt? Wer hat finanzielle Interessen an den Zertifikaten? Da sollte man jedenfalls genauer hinsehen, so Alexanders Appell. Die konservierende, bodenaufbauende Landwirtschaft ergibt doch auch ohne Zertifikate Sinn (siehe Einsparung von Betriebsmitteln).
You cannot go green, when you are in the red.
Wir können nur ökologisch sein, wenn wir uns das auch leisten können. Ökologie und Ökonomie gehören laut Anja untrennbar zusammen.
Zum Ende des Interviews stellt Alexander einige spannende Lösungen wie den Dual-Fluid-Reaktor oder den Flüssigsalzreaktor vor, die die Probleme einer sauberen Energieversorgung schon längst gelöst haben. Er betont, dass bereits so viele Lösungen in so vielen Bereichen existieren.
Abschließend zeigt Alexander dem Zuschauer seine Sicht auf das System Boden und wie es optimal funktioniert – anhand von Chemie, Biologie und Physik.
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