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Urs Mauk – Quo Vadis Regenerative Landwirtschaft?

Sachlich, ruhig und voller Inspiration gibt Urs Mauk Einblick in seine Arbeit und spannende Sichtweisen.

Das Gespräch auf den Weiden des Scheuerhofs bleibt allein auf Grund der Kulisse in Erinnerung. Urs Mauk ist in Deutschland einer der bekanntesten Spezialisten für den regenerativen Gemüsebau. Zudem ist er Unternehmer und als Berater für die Regenerative Landwirtschaft tätig. Dieses Interview gibt Anlass zur Hoffnung und für tatkräftige Aktionen – für ein hochproduktives und fruchtbares Umfeld, was einfach wunderschön ist.

Wie das geht? Das erfahrt Ihr in dieser neuen Folge. 

Viel Spaß beim Schauen und Nachlesen.

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Folge 6 – Quo Vadis Regenerative Landwirtschaft mit Urs Mauk

Hier bekommst Du einen Überblick über die gesamte Folge. Über die Zeitstempel kannst Du direkt zu dem jeweiligen Thema im Interview springen.

0:00 Vorspann
1:40 Vorstellung Urs Mauk
2:50 Motivation und Ursachenforschung
5:40 Dürre und Wasser
10:35 Der gesellschaftliche Wille zur Veränderung
12:25 Regenerative Landwirtschaft
12:45 Die „Scale of Landscape Permenance“ von P.A. Yoaman
17:30 Holistisches Weidemanagement / Mob Grazing
24:45 Bodenfruchtbarkeit
26:00 Lösungen aufzeigen
32:10 Besser leben und Veränderungen spüren lernen 
41:28 Urs’ Nachricht an die Welt

Interview zum Nachlesen

Mit Faulheit zur Effektivtät

Urs Mauk ist gelernter Gemüsegärtner und hat Landwirtschaft studiert. Mit seiner 5-jährigen Erfahrung im Gemüsebau entwickelt er sich stetig weiter. Inzwischen ist er Berater für Regenerative Landwirtschaft mit einem Fokus auf Mulchgemüsebau und MarketGarden. Er vertreibt themenrelevante Inhalte online, ist in der Softwareentwicklung tätig und investiert viel Zeit in seinen YouTube-Kanal Relavisio, der sich bereits guter Bekanntheit erfreut.

Nach der Frage nach seiner Motivation kommt direkt eine erstaunliche Erkenntnis zutage: Er sei faul, daher schaue er zeitig nach den Ursachen von Problemen. 

Im Studium und in der Arbeit im Gartenbau liefen ihm immer wieder folgende Fragen über den Weg: Wie gehen wir mit Schädlingen und Beikräutern um? Laut Urs sind diese Fragen allein deutliche Zeichen davon, dass wir uns in der Symptombekämpfung befinden.

Damals war die Regenerative Landwirtschaft in Mitteleuropa und besonders auch in Deutschland noch nicht so präsent wie heute. Um sein Wissen zu erweitern, musste er auf die internationalen Quellen der noch wenigen Pioniere schauen.

Bei jedem Problem, das er sich anschaute, ist er beim Boden und der Bodenfruchtbarkeit gelandet. Er erweiterte sein Wissen um das Ökosystem im Boden und die Ökosysteme, die sich daraus ergeben.

Diese Neugier und der forschende Drang, die Ursachen zu beheben, sind seine Leidenschaft. 

Urs kann dabei behilflich sein, den Boden wieder fit zu machen und eine bessere Produktivität und lebendige Ökosysteme zu schaffen.

Das Paradies auf Erden schaffen

Sofern wir uns als Menschheit kollektiv dafür entscheiden, so können wir uns eine fruchtbare und hochproduktive Umwelt schaffen, die einfach wunderschön ist. Je nach Glaubensrichtung können wir es Paradies nennen.

Zentral für diese Aufgabe ist es, wie wir besser mit Dürreperioden umgehen. 

(Aus dem Interview mit Matt Slaughter haben wir ja bereits kennengelernt, wie wichtig das Mindset der Anpassung auf den Klimawandel ist.)

Urs führt es konkret aus: Egal ob im Garten, auf dem Acker oder auf der Weide – zentral ist eine Frage: Wie ist die Rate der Bodeninfiltration? 

Wasser ist das entscheidende Element um Pflanzenwachstum und damit auch Produktivität auf den Flächen zu sichern.

Die Landschaftsgestaltung ist ein weiterer wichtiger Teil. Bäume sind wichtige Schattenspender und auch Wasserführung und Wasserauffangsysteme dürfen mehr Aufmerksamkeit bekommen. Die Siedlungsplanung wird in Deutschland immer wichtiger werden. 

Laut Urs braucht es eine Flurbereiningung nach anderen Kriterien. Er macht auch klar, wie wichtig es sein kann, sich ein Einzugsgebiet genau anzuschauen und die „Scale of Permenance“ von P.A. Yeoaman mal konsequent durchzugehen, auf die er im Verlauf des Gesprächs noch genauer eingehen wird.

Alles in allem geht es darum, Ökosysteme wieder lebendig zu machen – und hierfür ist Wassermanagement zentral.

Die Umsetzung

Anja: Was und wen braucht es, damit wir wieder Ökosysteme regenerieren können?

Die Antwort von Urs ist klar: Den gesellschaftlichen Willen. Es braucht jeden Einzelnen. Auch politische Vorgaben und Richtlinien sind wichtig, denn sie setzen den Rahmen. Er sieht auch die Strukturen und Menschen auf Landes,- und Bundesebene in der Verantwortung. 

Generell vertritt er eine Kritik an reinen Top-Down Lösungen, da diese der Komplexität und Diversität der örtlichen Gegebenheiten nicht gerecht werden können.  Aus dem Grund braucht es zusätzlich eine starke Graswurzelbewegung.

Was ist Regenerative Landwirtschaft?

Aukse aus dem Team soilify fragt, was Regenerative Landwirtschaft für Urs sei. Seine Antwort ist einfach und klar: „Alle Maßnahmen und Handlungen, die mehr Leben erzeugen, die wiederum mehr Leben erzeugen.”

Die Prinzipien der Regenerative Landwirtschaft und auch Anwendung von bekannten Konzepten wie der Scale of Landscape Permenance von P.A. Yeoman fördern die Lebendigkeit von Regionen.

Im Zuge dessen erklärt er auch die Scale of Permenance und dessen Bedeutung der Abstufungen. Im Nachfolgenden hat uns Urs eine Abbildung zukommen lassen, um ein besseres Verständnis über die Betrachtungen der verschiedenen Ebenen und deren Einflussmöglichkeiten in einer Landschaft zu bekommen.

ScaleofPermencance_P.A. Yeoman
Quelle: Relavisio

Rinder auf den Weiden

Anja und Aukse lieben Rinder! Das ist kein Geheimnis. Doch wie sieht Urs das, besonders auch im Kontext des Bodenaufbaus?

Urs: Prinzipiell gehören Tiere auf die Weiden, also nach draußen und es braucht ein anderes Management. Holistisches Weidemanagement oder auch Mob Grazing sind Konzepte, die Urs positiv hervorhebt.

Standweide sei kontraproduktiv aus Perspektive des Bodens und der Bodenfruchtbarkeit. Und selbst bei einem veganen Bio-Anbau spielen Tiere eine Rolle. Dies seien dann keine Nutztiere, sondern Wildtiere. Graslandbiome, so erinnert Urs, sind in Koevolution mit Wiederkäuern entstanden. Die Natur ist bereits in sich kein veganes System, auch Pflanzen ernähren sich von lebenden (Mikro)-Organismen.

Wichtig sei auch: Wiederkäuer sind wichtige Bio-Fermentoren für die Bodengesundheit, sie haben einen impfenden Charakter für die Bodenbiologie.

Es bleibt spannend: Auch ohne die Integration von größeren Tieren sei Landwirtschaft möglich – hierfür braucht es bspw. konsequentes Zwischenfrucht-Management.

Wenn sich Bäche und Flüsse nach einem Starkregen braun färben, dann hat die Bodenfruchtbarkeit abgenommen.

Bodenfruchtbarkeit

Aukse: Wie bemerken wir, dass die Bodenfruchtbarkeit abnimmt?

Urs antwortet klar: Wenn die Bodenstruktur abnimmt, werden mehr Betriebsmittel eingesetzt. Es treten immer mehr Probleme mit Beikräutern, Schädlingen und Krankheiten auf.

Erosion spricht Urs auch deutlich an. Wenn sich Bäche und Flüsse nach einem Starkregen braun färben, dann weiß ich, dass der Boden schlechter geworden ist. Der Humusgehalt sinkt. Die Nährstoffbalance im Boden kommt aus dem Gleichgewicht.

Jeder is(s)t in der Verantwortung

Eine Frage, die Anja immer wieder beschäftigt: Wie erreichen wir die Gesellschaft?

Urs: Die Landwirtschaft darf mal aufhören zu meckern und anfangen Lösungen aufzuzeigen und zu kommunizieren. Es sei wichtig, die Menschen auf die Betriebe zu holen. Die klassische Landwirtschaft sollte sich auch nicht als perfekt verkaufen, sondern darf ehrlich ansprechen, was gerade noch nicht gut läuft.

Wichtig sei auch der Hinweis, dass es eine gesellschaftliche Entscheidung war, dass sich die Landwirtschaft dahin entwickelt hat, wohin sie sich schließlich entwickelt hat.

Die Förderung von Reglementierungen, Bildung und Beratung der Landwirten, die Handels- und Vermarktungsstrukturen, die Konsumentscheidungen – all dies habe zum jetzigen Stand der Landwirtschaft beigetragen.

Ein gesellschaftlicher Diskurs sei wichtig, damit sich die Rahmenbedingungen ändern können und damit sich die Bildung und Beratung der Landwirte erneuern kann.

Urs ist sich sicher: Solange wir in der Berufsschule und in Universitäten noch das Gleiche lernen, wie vor 30 Jahren, werden wir keine Agrarstrukturen verändern können.

Generell gilt: Wenn wir eine andere Welt haben wollen, sind mehrere Ebenen gefragt. Aufklärung ist dafür der erste Schritt. 

Für Landwirte heißt dies auch zu erkennen, sich weg vom bloßen Rohstofflieferanten und wieder zum Lebensmittelerzeuger zu bewegen; den direkten Kontakt zum Konsumenten zu bevorzugen und den anonymisierten Lebensmittelmarkt zu umgehen.

Für Verbrauchen stehen auch Fragen an: Wo steht die Kuh, die ich da gerade esse? Wo ist das Getreide gewachsen? Wer hat das Brot gebacken?

Klar, die Veränderungen brauchen ihre Zeit. Der Einzelhandel wird sich nicht so schnell umstrukturieren. Es werden sicher auch nicht von heute auf morgen 80 Millionen Menschen auf dem Wochenmarkt, bei Solidarischer Landwirtschaft (CSA) oder bei anderen FoodCoops einkaufen. 

Dennoch entsteht so der notwendige gesellschaftliche Druck von unten.

Den Planeten lebenswerter machen

Zum Ende des Interviews stellen wir uns die große Frage: Wie können wir wirklich im Sinne der Erde und der Menschen handeln?

Auch Unternehmer sind hier in der Verantwortung zu handeln. Nicht nur für sich selbst oder um nur Geld zu verdienen, sondern auch über diese Aspekte hinauszublicken und Weiteres zu integrieren.

Eine Grundsatzfrage: Wie können wir unser Leben so leben, dass es allen Lebewesen auf der Erde gleichermaßen dient?

Wir haben die Verantwortung bewusst und respektvoll mit Ressourcen umzugehen, um den Planeten lebenswerter zu machen. Wir sind Teil des Ganzen. Gesunde Ökosysteme sind die Grundlage für ein angenehmes Leben auf der Erde.

Bei der Debatte um den Klimawandel ist es wichtig zu verstehen, dass der Mensch Teil des gesamten Organismus ist. Wir müssen nicht so weit gehen, dass wir die Gaia-Theorie annehmen, aber wir sollten uns als Teil eines komplexen Zusammenspiels sehen.

Urs führt weiter aus: Ich mag die Analogie zum Körper. Funktionieren einzelne Organe nicht, dann ist der gesamte Körper eingeschränkt. Ökosysteme sind die Organe des Planeten.

Intellektuell haben wir viel durchdrungen. Wir haben aber schon lange kein Wissensproblem mehr, sondern ein Problem der Bewusstseinsebene.

Urs weiter: Gehe ich durch die Landschaft und sehe offene Böden, dann tut mir das auf eine Art weh, weil ich mich als Teil des Ganzen empfinde.

„The farmer between your ears“. Das Denken ist das Entscheidende, was Veränderung bedarf. So entsteht gesellschaftlicher Wandel.

Die nächste Folge

Beratung in der regenerativen Landwirtschaft mit Heiner Willenborg (Premiere: 30.08.23 auf YouTube)

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